Anwendung von § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO auch bei von Beginn an unbegründetem Unterlassungsantrag?
Entscheidung
Das KG hat die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten zurückgewiesen:„a) Es bestand Anlass zur Beantragung einer einstweiligen Verfügung. Maßgeblich ist insoweit, ob der Beklagte durch sein Verhalten Klageanlass „gegeben“ hat (…), was der Fall ist, wenn der Kläger aufgrund des Verhaltens des Beklagten annehmen musste, dass er ohne Anrufung des Gerichts nicht zu seinem Recht kommt (…).
Die Antragsgegnerin hat nicht nur den vertragsimmanenten Anspruch des Antragstellers auf Konkurrenzschutz verletzt (s.u.), sondern auch die nach den Umständen mit hinreichender Frist versehenen vorgerichtlichen Aufforderungsschreiben vom 22. und 26.06.2018 ignoriert. Jedenfalls nach Ablauf der zuletzt gesetzten Frist bis 27.06.2018, 18.00 Uhr bestand Anlass, einstweiligen Rechtsschutz zur Abwehr der akut drohenden Intensivierung der Verletzung zu beantragen.
b) Der Anlass ist auch vor Rechtshängigkeit weggefallen.
Die Vorschrift des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO ist nach ganz h.M. - entsprechend ihrem Wortlaut und ihrem Zweck, eine Kostenregelung unter Berücksichtigung auch eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ohne gesonderten Prozess zu ermöglichen - auch anzuwenden, wenn der Klageanlass nicht erst zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit, sondern schon vor Anhängigkeit entfallen ist, und der Kläger hiervon unverschuldet keine Kenntnis hatte (…).
Hiervon ausgehend steht der Anwendung von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO vorliegend somit nicht entgegen, dass es sich um ein Verfügungsverfahren handelt, und mit Eingang des Antrags nicht nur Anhängigkeit, sondern sogleich auch Rechtshängigkeit eintrat (…).
Auch wenn § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO nicht den Zweck hat, den Kläger von der Prüfung der materiellen Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage zu entlasten (…) und ein Anlass für das Verfügungsverfahren vorliegend (…) bereits bei Androhung der Rechtsverfolgung durch den Antragsteller nicht bestand, ist der vorliegende Fall in Konsequenz der oben genannten h.M. in den Anwendungsbereich des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO einzubeziehen.
Lässt man es genügen, dass der Beklagte (aus Sicht des Klägers) Anlass zur Rechtsverfolgung gegeben hat und eine von Anfang an (bei Anhängigkeit) unbegründete Klage eingereicht wurde, so kann es schwerlich anders gewertet werden, wenn die Klage nicht in dem Zeitraum zwischen „Anlassentstehung“ und Einreichung aussichtslos wurde, sondern nie aussichtsreich war, der Kläger aber dennoch zu ihr veranlasst wurde (…). Auch dieser Fall ist in den Tatbestand des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO einzubeziehen, um eine Kostenentscheidung nach billigem Ermessen und insbesondere unter Berücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs zu ermöglichen.
Der Wegfall des Anlasses kann sich nicht nur aus einer Erfüllung ergeben, auch wenn dies der Hauptfall des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO sein mag (…), sondern – nicht anders als im Anwendungsbereich des § 91 a ZPO – auch aus anderen Umständen, die dazu führen, dass das Rechtsschutzbegehren unzulässig oder unbegründet geworden ist (…). Es steht einer Kostenentscheidung zu Lasten der Antragsgegnerin nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO somit nicht entgegen, dass Grund der Antragsrücknahme nicht eine Klaglosstellung des Antragstellers war, sondern – im Gegenteil – der Umstand, dass es für einen vorbeugenden Rechtsschutz – für den Antragsteller nicht ersichtlich, der Antragsgegnerin jedoch bekannt – bereits „zu spät“ war.
c) Die Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO erfordert eine sachliche Prüfung der geltend gemachten Forderung, die fehlende Erkennbarkeit des erledigenden Ereignisses für den Kläger bei Klageinreichung, ein Ereignis aus der Sphäre des Beklagten und die Berücksichtigung eines evtl. materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs (…).“
Der Senat führt dann aus, dass die Verfügungsbeklagte eine sog. vertragsimmanenter Konkurrenzschutzpflicht (§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB) getroffen habe, weshalb der Antrag ohne bereits eingetretene Verletzungshandlung durch die Überlassung an H Aussicht auf Erfolg gehabt habe. Außerdem stünden dem Verfügungskläger vertragliche Schadensersatzansprüche wegen der Überlassung der Räumung und der nicht fristgerechten Reaktion der Verfügungsbeklagten auf die vorgerichtlichen Aufforderungen zu.