„Abrechnung mit Anlegeranwälten"

Nach der Süddeutschen Zeitung befasst sich nun auch Joachim Jahn in der heutigen FAZ mit dem schwierigen Verhältnis zwischen Rechtsschutzversicherungen und Anlegerschutzanwälten und zitiert dazu aus einem Urteil des Landgerichts Lüneburg.

Dies habe mit einer „Kanzlei von Anlegeranwälten gnadenlos abgerechnet" und deren Klagen für unzulässig wie auch unbegründet erklärt. Die Anwälte hätten „munter weiter prozessiert", obwohl ihre Argumente von Gerichten bis hin zum BGH längst verworfen worden seien. Das Gericht rechne vor, dass die Anwälte mit 3.500 nahezu identischen Klageschriften 6,6 Millionen Euro verdient hätten. Den Rechtsschutzversicherern sei sogar ein Schaden in zweistelliger Millionenhöhe entstanden, da diese auch die Kosten des Gerichts und der Anwälte der Beklagten hätten zahlen müssen.

So weit so m.E. unspektakulär - das ist auch eine Folge der Tatsache, dass sich Deutschland mit Sammelklagen äußerst schwer tut. Und dass Anwälte Geld verdienen liegt nun mal in der Natur der Sache und geht das Gericht m.E. auch gar nichts an.

Hoch interessant - und für die beteiligten Anwälte durchaus peinlich - sind aber die Detailschilderungen: So habe die Kanzlei in keinem Fall dargelegt, wie hoch überhaupt der angebliche Schaden sei, die Umstände der Beteiligung seien nirgendwo individualisiert worden. Die Klagen genügten damit nicht einmal den Mindestanforderungen an einen schlüssigen Vortrag. Auch hätten die Anwälte Feststellungs- statt Leistungsklagen erhoben. Zuletzt seien etwaige Ansprüche auch längst verjährt.

Das Thema Anlegerschutzanwälte und Rechtsschutzversicherungen hatten wir hier ja schon mal. „Zustände" wie die vom LG Lüneburg beschriebenen sind für die Kollegen in der Tat misslich und ärgerlich, gerade die Rechtsschutzversicherer tragen daran aber eine erhebliche Mitverantwortung. Das gilt zunächst für den Leistungsumfang; die Versicherer könnten derartige Streitigkeiten ja auch aus ihren Bedingungen ausnehmen. Und sofern es sich um Altverträge handeln sollte wären Rechtsschutzversicherer die ersten Versicherer, deren Vertrieb nicht in der Lage wäre, den Kunden „neue" Verträge mit anderen Bedingungen zu verkaufen.

Viel schlimmer wiegt m.E. aber, dass die Rechtsschutzversicherer in diesen Fällen ja eine Deckungszusage erteilt haben werden. Und wenn man hört, wie pingelig Rechtsschutzversicherer einerseits teilweise Klagen prüfen und Deckungszusagen verweigern, andererseits aber derartige Klagewellen scheinbar ohne zu prüfen „durchwinken", dann kann man darüber m.E. nur den Kopf schütteln.