Dritte Aufhebung und Zurückverweisung noch ermessensfehlerfrei?
Entscheidung
Und die dritte Zurückverweisung war dem III. Zivilsenat dann doch zu viel:„Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft die Voraussetzungen einer Zurückverweisung der Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Verfahrens gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO bejaht.
1. Nach dieser Vorschrift darf das Berufungsgericht die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszugs nur zurückverweisen, soweit das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet, auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist und eine Partei die Zurückverweisung beantragt.
a) Mit der Neufassung des § 538 ZPO durch das Zivilprozessreformgesetz vom 27. Juli 2002 (BGBl. I 1887, 1898) sollte eine Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz im Interesse der Verfahrensbeschleunigung noch stärker als bisher die Ausnahme von einer eigenen Sachentscheidung des Berufungsgerichts bilden. Daher wurden die Ausnahmen von dem Grundsatz der eigenen Sachentscheidung gegenüber dem vorherigen Recht erheblich eingeschränkt (…). Es sollte dem Interesse der Parteien an einer zügigen Erledigung des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz durch eine abschließende Sachentscheidung angemessen Geltung verschafft und zugleich die erste Instanz durch die Reduzierung der Zurückverweisungen entlastet werden (BT-Drucks. 14/4722, S. 103). Die zeitaufwändige Zurückverweisung von der zweiten an die erste Instanz sollte auf unverzichtbare Ausnahmefälle beschränkt werden (aaO S. 58).
Bei der innerhalb dieses – engen – Rahmens durchzuführenden, revisionsrechtlich nachprüfbaren Ermessensabwägung des Berufungsgerichts ist der Umstand, dass die Sache zuvor bereits an das Landgericht zurückverwiesen worden war, zu berücksichtigen (…).
b) Eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme ist nicht schon dann im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO „notwendig“, wenn sie im weiteren Verlauf des Verfahrens nur möglich ist, das heißt wenn sie zwar unter bestimmten Voraussetzungen erforderlich wird, der Eintritt dieser Voraussetzungen aber nicht sicher ist. Eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme muss vielmehr sicher zu erwarten sein (…). Daher genügt es auch nicht, dass im Einzelfall den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vortrag zu geben ist und danach möglicherweise eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme erforderlich wird (…).
2.Diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht beanstandet, nicht Rechnung getragen.
a) Das Berufungsurteil lässt bereits nicht erkennen, dass das Oberlandesgericht den Umstand in seine nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO anzustellende Ermessensabwägung einbezogen hat, dass das zum Zeitpunkt seines dritten Berufungsurteils bereits seit 13 Jahren anhängige Verfahren von ihm schon zweimal gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO an das Landgericht zurückverwiesen worden war. Die zweimalige Zurückverweisung wird lediglich im Tatbestand des Berufungsurteils, nicht aber im Rahmen der Erwägungen des Berufungsgerichts zu einer (erneuten) Zurückverweisung gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO erwähnt.
Verweist das Berufungsgericht den Rechtsstreit wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers zurück, müssen seine Ausführungen erkennen lassen, dass es das ihm in § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO eingeräumte Ermessen, eine eigene Sachentscheidung zu treffen oder ausnahmsweise den Rechtsstreit an das Erstgericht zurückzuverweisen, pflichtgemäß ausgeübt hat (…). Zu einer in diesem Sinne hinreichenden Darlegung der Ermessensausübung gehört die ausdrückliche Befassung mit einer zuvor schon einmal erfolgten Zurückverweisung an das Gericht erster Instanz. Denn diese ist – wie ausgeführt – bei der Abwägung gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu berücksichtigen.
Besonders schwer wiegen eine – wie vorliegend – bereits zweimalig erfolgte Zurückverweisung und die hierdurch zwangsläufig eingetretene erhebliche Verfahrensverzögerung. Sie sind im Rahmen der Ermessensausübung darzulegen und umfassend zu würdigen. Dies hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen.
b) Zu Unrecht hat es auch die Notwendigkeit einer umfangreichen Beweisaufnahme gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO angenommen.
aa) Sicher zu erwarten im Sinne der vorstehend (…) dargestellten Grundsätze ist bei Zugrundelegung der Ausführungen des Berufungsgerichts lediglich eine (erneute) Vernehmung des – in O. wohnhaften – Zeugen H. und eine Anhörung beider Parteien (…). Die Anhörung der Parteien und die Vernehmung eines inländischen Zeugen zu derart begrenzten Beweisthemen sind indes weder aufwändig noch umfangreich im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO.
bb) Die Vernehmung der – auf den Bahamas wohnhaften – Zeugin D. und der – in Deutschland wohnhaften – Zeugen Sch. und S. sowie die weitere Ermittlung bahamaischen Rechts sind dagegen nach den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht sicher zu erwarten, sondern vom weiteren Prozessverlauf abhängig.“