Dass Prozesserklärungen interessengerecht auszulegen sind, musste der Bundesgerichtshof in einem aktuellen Beschluss vom 23.08.2016 – VIII ZB 96/15 einmal mehr klarstellen.
In dem zu entscheidenden Fall ging es um die prozessual tatsächlich nicht völlig einfache Konstellation einer (allein) durch einen Nebenintervenienten eingelegten Berufung.
Sachverhalt
Der Streithelfer mietete eine Wohnung des Beklagten und stellte als Mietsicherheit eine selbstschuldnerische Bürgschaft der Klägerin. Nach Ende des Mietverhältnisses nahm der Beklagte aus Nebenkostenabrechnungen die Klägerin in Höhe des verbürgten Höchstbetrages in Anspruch, die Klägerin zahlte den Betrag an den Beklagten. In der Folge forderte sie diesen Betrag gerichtlich vom Beklagten zurück, da die Nebenkostenabrechnungen unwirksam seien und keine Nachforderungen bestünden; dem Mieter verkündete sie den Streit, der dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beitrat.
In erster Instanz war die Klägerin mit ihrer Klage unterlegen. Die Klägerin ließ die Sache auf sich beruhen, der Prozessbevollmächtigte des Streithelfers legte gegen das Urteil aber ein als „Berufung des Streithelfers/Nebenintervenienten“ bezeichnetes Rechtsmittel ein. Die Klägerin selbst war in der Berufungsschrift nicht genannt. Nachdem das Berufungsgericht den Streithelfer darauf hingewiesen hatte, er könne nicht selbst Berufung einlegen, weil es an den Voraussetzungen des § 69 ZPO fehle, beharrte der Prozessbevollmächtigte zunächst auf seiner Ansicht. Auf einen weiteren Hinweis des Berufungsgerichts erklärte er dann aber, er habe eine unselbständige Berufung für die Klägerin eingelegt und bitte um Korrektur des Rubrums, außerdem begründete er nach Fristverlängerung die Berufung.
Das Gericht verwarf die Berufung trotzdem und begründete dies zusammengefasst wie folgt (die Entscheidung kann man hier nachlesen): Die Berufung sei als unselbständige Berufung der Klägerin ebenso wie als selbständige Berufung des Streithelfers unzulässig. Die Voraussetzungen für eine selbständige Berufung seien nicht gegeben, da keine streitgenössische Nebenintervention vorliege. Die spätere Erklärung, eine unselbständige Berufung für die Klägeirn einlegen zu wollen, habe deshalb zu einem Parteiwechsel geführt. Diese unselbständige Berufung wiederum habe der Streithelfer aber nicht fristgemäß begründet, da sich die Fristverlängerung nicht auf diese Berufung bezogen habe.