Entscheidung
Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen:
„Die Klage ist unzulässig, da die Klägerin nicht prozessführungsbefugt ist (§ 51 ZPO).
1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Eine gewillkürte Prozessstandschaft ist zulässig, wenn der Prozessführende vom Rechtsinhaber zu dieser Art der Prozessführung ermächtigt worden ist und er ein eigenes schutzwürdiges Interesse an ihr hat […]. Das schutzwürdige Eigeninteresse ist gegeben, wenn die Entscheidung Einfluss auf die eigene Rechtslage des Prozessführungsbefugten hat […]. Es kann auch durch ein wirtschaftliches Interesse begründet werden […].
2. Rechtsfehlerhaft meint das Berufungsgericht, diese Voraussetzungen seien gegeben.
a) Allerdings ist die Klägerin durch die Grundstückseigentümer zur Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs ermächtigt. Die Ermächtigung ist auch wirksam.
Dem steht nicht entgegen, dass der Anspruch aus § 1004 BGB untrennbar mit dem dinglichen Recht verbunden und nicht selbständig übertragbar ist […] und dass auch der Anspruch wegen Besitzstörung aus § 862 BGB nicht isoliert, sondern nur dann abgetreten werden kann, wenn der Besitz an den Zessionar übertragen wird […]. Die gewillkürte Prozessstandschaft setzt zwar in der Regel die Abtretbarkeit des geltend zu machenden Rechts voraus […]. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist jedoch geklärt, dass ein Anspruch unter Umständen auch dann im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend gemacht werden kann, wenn er nicht abtretbar ist […]. Der Senat hat dies bejaht für den Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 894 BGB […] und für den Herausgabeanspruch nach § 985 BGB […]. Er hat dies auch für den Unterlassungsanspruch des Eigentümers aus § 1004 BGB angenommen […]. Das gilt für den Anspruch wegen Besitzstörung aus § 862 BGB gleichermaßen […]. Denn es besteht kein sachlicher Grund, den possessorischen Anspruch des Besitzers wegen Besitzstörung anders zu behandeln als den dinglichen Herausgabeanspruch des Eigentümers.
b) Der Klägerin fehlt aber das für eine gewillkürte Prozessstandschaft erforderliche schutzwürdige Eigeninteresse.
aa) Es ergibt sich, anders als das Berufungsgericht meint, nicht daraus, dass die Parteien Konkurrenten auf dem Altkleidersammelmarkt sind und die Altkleidercontainer des Beklagten mit denjenigen der Klägerin verwechselt werden können.
(1) Das schutzwürdige Eigeninteresse des Prozessstandschafters muss sich auf das Recht beziehen, zu dessen Geltendmachung er ermächtigt worden ist. Geht es um die Beeinträchtigung eines Rechts, muss es in der Beseitigung der eingetretenen Beeinträchtigung bestehen. Das ist auch für die Anerkennung eines wirtschaftlichen Eigeninteresses erforderlich und bedeutet, dass nicht jedes wirtschaftliche Eigeninteresse des Prozessstandschafters ausreichend ist.
Auch dieses muss sich aus der Beziehung zu dem fremden Recht ergeben. Die Zulässigkeit der klageweisen Geltendmachung eines fremden Rechts im eigenen Namen, bei der es sich um einen Ausnahmetatbestand handelt […], findet nur dann ihre Rechtfertigung, wenn das Interesse des Prozesstandschafters auf die Verwirklichung gerade dieses Rechts gerichtet ist. Macht eine Partei den Unterlassungsanspruch eines Grundstückseigentümers aus § 1004 BGB bzw. aus § 862 BGB im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend, muss sich das schutzwürdige Eigeninteresse daher auf die Beseitigung der Beeinträchtigung des Eigentums bzw. des Besitzes an dem Grundstück beziehen.
(2) Das ist hier nicht der Fall. Das Eigeninteresse der Klägerin bezieht sich nicht auf die Beseitigung der von den Altkleidercontainern ausgehenden Beeinträchtigung des Eigentums oder des Besitzes an den Grundstücken der Ermächtigenden, sondern auf die Beendigung einer Wettbewerbssituation auf dem Altkleidersammelmarkt. Etwaige Wettbewerbsverstöße der Beklagten können das schutzwürdige Interesse aber nicht begründen. Die Vorschriften zum Schutz des Eigentums sind keine Marktverhaltensregelungen, die unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs als Wettbewerbsverstöße nach § 3, § 4 Nr. 11 UWG verfolgt werden könnten […].
Anders wäre es, wenn die Klägerin aufgrund einer Nutzungsvereinbarung mit den Grundstückseigentümern berechtigt wäre, (künftig) eigene Altkleidercontainer aufzustellen. Dann bestünde zwischen ihnen eine Rechtsbeziehung, aus der ein Interesse der Klägerin abgeleitet werden könnte, die Grundstücke von den störenden Altkleidercontainern des Beklagten frei zu machen. Vortrag zu einer solchen Nutzungsvereinbarung ist indes nicht aufgezeigt.
bb) Die Revisionserwiderung macht ohne Erfolg geltend, das Interesse der Grundstückseigentümer, die Mühe der Rechtsverfolgung gegen den Beklagten nicht auf sich nehmen zu müssen, sei ausreichend.
Das schutzwürdige Eigeninteresse kann zwar auch darin bestehen, dass der Prozessstandschafter wegen größerer Sachnähe den Rechtsstreit besser als der Gläubiger führen kann […]. Das Interesse an einer wirtschaftlichen und technisch erleichterten Prozessführung allein ist dafür jedoch nicht ausreichend […]. Die Sachnähe muss vielmehr zu dem geltend gemachten Recht bestehen. Wie dargelegt, fehlt es hier daran.“
Anmerkung
Interessant an der Entscheidung ist, dass der Bundesgerichtshof in einem weiteren erst kürzlich ergangenen Urteil (Urteil vom 24.08.2016 – VIII ZR 182/15) ebenfalls die Klage als unzulässig abgewiesen hat, weil es an einem schutzwürdigen Interesse des Prozessstandschafters fehle. Auch in jenem Fall hatten die Vorinstanzen die Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft ohne Weiteres bejaht. Um diesem unbefriedigenden Ergebnis (Kosten für drei Instanzen ohne Sachentscheidung) zu entgehen, sollten die Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft daher in jeder Lage des Prozesses genau geprüft werden.
tl;dr: Das schutzwürdige Eigeninteresse des Prozessstandschafters muss sich auf das Recht beziehen, zu dessen Geltendmachung er ermächtigt worden ist, bei Unterlassungsansprüchen eines Grundstückseigentümers daher auf die Beseitigung der Beeinträchtigung des Eigentums bzw. des Besitzes an dem Grundstück.
Anmerkung/Besprechung, BGH, Urteil vom 10.06.2016 – V ZR 125/15.
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