BGH wertet Schlichtungsantrag als Mittel zur Verjährungshemmung auf
Entscheidung
Der VI. Zivilsenat hat das Urteil auf die zugelassene Revision aufgehoben und die Sache zurückverwiesen:„aa) […] Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung findet die unwiderlegliche Vermutung des Einvernehmens nach § 15a Abs. 3 Satz 2 EGZPO aF – vom Streitwert unabhängig – auch im Rahmen von § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB aF Anwendung […].
Der entsprechende Wille des historischen Gesetzgebers ergibt sich eindeutig aus der Begründung der dieser Vorschrift zugrundeliegenden Gesetzentwürfe (BR-Drucks. 338/01, S. 255 [Regierungsentwurf] und BT-Drucks. 14/6040, S. 114 [Entwurf der Regierungsfraktionen]), wo ausgeführt wird:
„Schließlich wird der Anwendungsbereich auch auf die Verfahren vor einer ‚sonstigen Gütestelle, die Streitbeilegung betreibt‘ i. S. v. § 15a Abs. 3 EGZPO erweitert. Zusätzliche Voraussetzungen der Hemmungswirkung ist in Übereinstimmung mit § 15a Abs. 3 Satz 1 EGZPO, dass der Einigungsversuch von den Parteien einvernehmlich unternommen wird, wobei dieses Einvernehmen nach § 15a Abs. 3 Satz 2 EGZPO bei branchengebundenen Gütestellen oder den Gütestellen der Industrie- und Handelskammern, der Handwerkskammern oder der Innungen unwiderleglich vermutet wird. Damit wird die bislang bestehende verjährungsrechtliche Benachteiligung der Verfahren vor solchen Gütestellen beseitigt.“ [Hervorhebungen nicht im Original] […]
bb) Die aufgrund der oben dargestellten Auslegung auch im Streitfall zu prüfenden Voraussetzungen des § 15a Abs. 3 Satz 2 EGZPO aF sind erfüllt.
Zu den branchengebundenen Gütestellen im Sinne der Vorschrift gehören auch die Gutachter- und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern […]. Der Kläger war als Patient des Beklagten Verbraucher im Sinne des § 13 BGB.
cc) Anders als das Berufungsgericht meint, ist für die Frage nach dem Eintritt der Hemmungswirkung nicht von Bedeutung, dass der Haftpflichtversicherer des Beklagten die Durchführung des Schlichtungsverfahrens abgelehnt hat.
§ 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB aF erfordert ein entsprechendes Einvernehmen des hinter dem Schuldner stehenden Haftpflichtversicherers von vornherein nicht. Ob der Schlichtungsantrag nach der Verfahrensordnung der jeweiligen Schlichtungsstelle unzulässig oder unbegründet ist, ist für den Eintritt der Hemmungswirkung grundsätzlich unerheblich […].
Eine – auch im Rahmen des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB aF relevante […] – formale Anforderung an den Schlichtungsantrag betrifft das in der Verfahrensordnung der Schlichtungsstelle vorgesehene Erfordernis des Einvernehmens des Haftpflichtversicherers nicht. Dass das Güteverfahren vor der Schlichtungsstelle nach der dort geltenden Verfahrensordnung nicht durchgeführt wird, wenn der Haftpflichtversicherer erklärt, am Schlichtungsverfahren nicht teilzunehmen, ist für den Eintritt der Hemmungswirkung deshalb belanglos.“
Der BGH stellt dann noch klar, dass sich die Entscheidung auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstelle. Zwar trete nach dem Wortlaut des § 204 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 1 BGB aF die Hemmung der Verjährung in dem Zeitpunkt ein, in dem die Bekanntgabe des bei der Schlichtungsstelle eingereichten Güteantrags veranlasst wird; nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2 BGB aF wirke die Hemmung allerdings auf den Zeitpunkt der Einreichung des Güteantrags zurück, wenn die Bekanntgabe „demnächst“ nach der Einreichung veranlasst wird, wobei die im Rahmen von § 167 ZPO bekannten Grundsätze entsprechend gelten.