Wenn der BGH mal wieder Nachhilfe in der Anwendung der Präklusionsvorschriften geben muss
Entscheidung
Der BGH hat die Revision auf die Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen und das Urteil ist gem. § 544 Abs. 7 ZPO wegen einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör unmittelbar aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.„1. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung liegt ein Gehörsverstoß dann vor, wenn der Tatrichter Angriffs- oder Verteidigungsmittel einer Partei in offenkundig fehlerhafter Anwendung einer Präklusionsvorschrift zu Unrecht für ausgeschlossen erachtet (…).
Das ist vorliegend der Fall. Die Klägerin macht zu Recht geltend, dass das Berufungsgericht nicht gemäß § 531 Abs. 1 ZPO von einer Vernehmung des Zeugen H. hätte absehen dürfen, weil dessen Vernehmung vom Landgericht offenkundig zu Unrecht abgelehnt worden ist.
a) Die erstinstanzliche Zurückweisung des Antrags der Klägerin auf Vernehmung des Zeugen lässt sich weder auf § 296 Abs. 2, § 282 Abs. 1 ZPO noch auf § 296 Abs. 2, § 282 Abs. 2 ZPO stützen.
Die Beschwerde verweist insoweit zutreffend darauf, dass Vorbringen im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung niemals nach § 282 Abs. 1 ZPO verspätet sein kann (…).
Auch ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte, die sich hierauf nicht berufen hat, zu dem Antrag auf Vernehmung des Zeugen ohne vorherige Einholung von Erkundigungen keine Erklärung hätte abgeben können. Dies wäre aber Voraussetzung für eine Zurückweisung nach § 282 Abs. 2 ZPO, der nicht verlangt, neue Angriffs- und Verteidigungsmittel so rechtzeitig schriftsätzlich anzukündigen, dass das Gericht noch terminsvorbereitende Maßnahmen nach § 273 ZPO treffen kann, sondern seinem Zweck nach nur sicherstellen soll, dass sich der Gegner im Termin vor allem zu neuen Tatsachenbehauptungen der anderen Partei substantiiert und wahrheitsgemäß erklären und sachgemäß verhandeln kann (…).
b) Ob andere Vorschriften die Zurückweisung gerechtfertigt hätten, kann dahinstehen, da es dem Berufungsgericht verwehrt gewesen wäre, sich im Rahmen des § 531 Abs. 1 ZPO auf andere als die von der Vorinstanz angewendeten Präklusionsvorschriften zu stützen (…).
Ungeachtet dessen hätte sich das Landgericht auch nicht auf § 296 Abs. 1 ZPO berufen können, nach dem Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückgewiesen werden können. Zwar war der Klägerin im Rahmen des angeordneten schriftlichen Vorverfahrens gemäß § 276 Abs. 3, § 277 Abs. 4 ZPO eine Frist zur Replik auf die eingegangene Klageerwiderung gesetzt worden, innerhalb derer sie ihr Beweisangebot nicht vorgebracht hatte.
Diese Fristsetzung war jedoch unwirksam, weil die diesbezügliche Verfügung entgegen § 276 Abs. 3 ZPO nicht vom Vorsitzenden, sondern – noch vor der Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter – von dem mit der Berichterstattung befassten Beisitzer unterzeichnet worden war, ohne dass dieser dabei erkennbar in Vertretung oder im Auftrag des Vorsitzenden gehandelt hätte (…).
2. Die Beschwerde legt (…) auch hinreichend deutlich dar, dass die mit der verfahrensfehlerhaften Zurückweisung des Antrags auf Vernehmung des Zeugen H. durch das Berufungsgericht verbundene Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin entscheidungserheblich gewesen ist. Insbesondere lässt sie erkennen, welche konkreten entscheidungserheblichen Tatsachen der Zeuge im Falle seiner Vernehmung bekundet hätte.“