Fundstücke Juli 2015 - Musterfeststellungklagen, Nachhilfe im Prozessrecht, Kameras in Gerichtssälen

Zivilprozessrecht

Wie juve.de (Kai Nitschke) berichtet, plant das BMJV eine Verbraucherverbandsklage, mit der Verbraucherverbände die Möglichkeit erhalten sollen, Musterfeststellungsklagen zu erheben. Dazu solle ein elektronisches Register eingeführt werden, in das Ansprüche eingetragen werden können, deren Verjährung dann bis zum rechtskräftigen Abschluss des Musterfeststellungsverfahren gehemmt ist. Außerdem solle die Möglichkeit der Prozesstrennung gem. § 145 ZPO eingeschränkt werden. Ich bin gespannt.

RA Bernhard Schmeilzl berichtet auf Chross-Channel-Lawyers über das englische Zivilprozessrecht, dass sehr effektiv den Wahrheitsgehalt des Prozessvortrags sicherstelle. Dort müsse die Richtigkeit des schriftsätzlichen Vortrags durch den Mandanten unterschrieben und dessen Richtigkeit versichert werden. Sei der Vortrag trotzdem falsch, drohten empfindliche Strafen wegen „contempt of court". Dass das die dortige Zahl von Prozessen deutlich verringere, glaube ich gerne. Eine eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit des Inhalts anwaltlicher Schriftsätze - da gerät man als deutscher Zivilrichter ja fast ins Schwärmen...

RA Norbert Schneider vertritt im NJW-Spezial 2015, 347 die These, ein Versäumnisurteil gegen den Kläger sollte zu einer Reduzierung der Gerichtsgebühren auf 1,0 führen. Klingt m.E. sehr überzeugend. Dass die Ermäßigungstatbestände wenig konsistent sind, war übrigens auch hier auch schon Thema.

Das Bundesverfassungsgericht musste mit Beschluss vom 25.06.2015 - 1 BvR 367/15 dem AG Düsseldorf tatsächlich erklären, dass § 495a ZPO ernst gemeint ist: Auf Antrag muss mündlich verhandelt werden. Entscheide das Gericht trotzdem ohne mündliche Verhandlung, verletze dies den Anspruch auf rechtliches Gehör.

Justiz(-politik)

Lto.de (Constantin Baron van Lijnden) führt ein ausführliches Interview mit dem Kollegen Schulte-Kellinghaus über richterliche Arbeitsweisen, Arbeitsanfall und Erledigungsdruck. Hintergrund ist ein berufsrechtliches Verfahren, das hier auch schon Thema war.

Ebenfalls auf lto.de findet sich ein lesenswertes Pro und Contra der Argumente zur rechtspolitischen Dauerdebatte, ob Kameras in Gerichtssälen zugelassen werden sollten.

Foto: Andrew Measham | Unsplash