Der Güterichter im prozessualen Kontext – sinnvolle Ergänzung oder Fremdkörper?

Mit Wirkung zum 26.07.2012 hat der Gesetzgeber die ZPO, das FamFG und das ArbGG um den „Güterichter“ ergänzt (§ 278 Abs. 5 ZPO, § 36 Abs. 5 FamFG, § 54 Abs. 6 ArbGG). Die Regelung in (§ 278 Abs. 5 ZPO gilt über die Verweisungen in § 202 Satz 1 SGG, § 173 Satz 1 VwGO, § 155 Satz 1 FGO auch für das verwaltungsgerichtliche, das sozialgerichtliche und das finanzgerichtliche Verfahren. Auch mehr als sechs Jahre später ist die Stellung des Güterichters im gerichtsverfassungsrechtlichen und verfahrensrechtlichen Gefüge noch immer weitgehend ungeklärt und wirft eine Vielzahl von Fragen auf, denen der folgende Beitrag nachgeht. Der Beitrag wird dabei in regelmäßigen Abständen ergänzt und aktualisiert.

A. Güterichter statt gerichtsinterner Mediation

Als Ergebnis eines relativ kontroversen Gesetzgebungsverfahrens hat der Gesetzgeber die gerichtliche Streitbeilegung außerhalb der mündlichen Verhandlung in Gestalt des Güterichters normiert. Damit hat sich konzeptionell das sog. Güterichtermodell gegen das Modell der gerichtsinternen Mediation durchgesetzt (s. dazu nur Jahn, AnwBl. 2011, 451 ff.): Die Parteien bzw. Beteiligten lassen nicht ihren Streit ruhen, um aufgrund privatautonomen Entschlusses mithilfe eines Mediators ihren Konflikt zu lösen, sondern sie werden – qua Hoheitsakt – „vor“ einen Güterichter verwiesen, der nicht auf die Mediation als Mittel der Streitbeilegung beschränkt ist (s. nur Greger, MDR 2017, 1107, 1109; Löer in: Klowait/Gläser, Mediationsgesetz, § 278 Rn. 12 ff.) Der darin liegende konzeptionelle Unterschied ist vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollt und beabsichtigt (BT-Drs. 17/5335, S. 20).

B. Eine Verweisung ins dogmatische Dunkel

§ 278 Abs. 5 Satz 1 spricht davon, dass das Gericht „die Parteien [...] vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen“ kann. Da sich die Verweisung nach dem ausdrücklichen Wortlaut auf „die Parteien“ und nicht etwa auf „den Rechtsstreit“ bezieht und die Verweisung „vor“ und nicht „an“ den Güterichter erfolgt, kann es sich dogmatisch nicht um einen Verweisungsbeschluss i.S.d. § 281 ZPO, § 17a GVG handeln; nach allgemeiner Auffassung ist die Verweisung vielmehr ein Rechtshilfeersuchen eigener Art (ausf. Assmann in: Wieczorek/Schütze, § 278 Rn. 71; Greger in: Greger/Unberath/Steffek, Abschnitt E, Rn. 128, 162) Die dogmatische Natur dieses bislang kaum systematisch untersuchten Rechtsinstituts bleibt dabei im Dunkeln (ebenso Fock/Breitkreuz/Schreiber in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 202 Rn. 88). Weder dem Gesetz noch den Gesetzesmaterialien ist zu entnehmen, welche Folgen diese „Verweisung“ hat:

  • Wird der Rechtsstreit insgesamt in die Hände des Güterichters gelegt, dem der Gesetzgeber allerdings nur einen eingeschränkten „Werkzeugkoffer“ zur Verfügung stellt ( so z.B. Benesch, NZFam 2015, 807, 809; ähnlich Assmann in: Wieczorek/Schütze, § 278 Rn. 78)?
  • Oder bleibt das Streitgericht „Herr des Verfahrens“ (so die Terminologie bei Greger/Weber, MDR-Sonderheft 2012, 10) und müht sich der Güterichter gleichsam parallel dazu mit den Parteien um eine gütliche Einigung (so OVG Münster, Beschluss v. 16.08.2016 – 19 A 2484/15; LSG München, Beschluss v. 05.09.2016 – L 2 P 30/16 B Rn. 8 a.E.; Fock/Breitkreuz/Schreiber in: Breitkreuz/Fichte, § 202 Rn. 88)?

Angesichts des Wortlauts der Regelungen, wonach die Parteien (bzw. Beteiligten) vor den Güterichter verwiesen werden, spricht sehr viel für die zuletzt genannte Ansicht, wonach der Rechtsstreit auch beim Streitgericht anhängig bleibt, dies aber während der Tätigkeit des Güterichters das Verfahren nicht fördert. Diese Frage ist im Übrigen keineswegs nur akademischer Natur, sondern praktisch überaus relevant, wie sich im Folgenden noch mehrfach zeigen wird.

C. Die Stellung des Güterichters

I. Der Güterichter als gesetzlicher Richter i.S.d. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG?

Da die Zuständigkeit des Güterichters nicht durch eine privatautonome Entscheidung der Parteien, sondern kraft Hoheitsakts begründet wird, kann kaum ein Zweifel daran bestehen, dass es sich beim Güterichter um einen gesetzlichen Richter i.S.d. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 16 Satz 2 GVG handelt (OLG Bamberg, Beschluss v. 13.09.2018 – 2 WF 202/18 Rn. 2; so auch ausdrücklich der RegE BT-Drs. 17/5335, S. 20; Prütting in: MünchKomm-ZPO, § 278 Rn. 34); nicht umsonst spricht auch das Gesetz von einem „hierfür bestimmten [...] Richter“. Die Wahrnehmung der Aufgaben als Güterichter ist daher ein Geschäft i.S.d. § 21e GVG, das im Geschäftsverteilungsplan jedes Gerichts zu berücksichtigen ist (Saam, JR 2015, 163, 164; ausführlich Greger, MDR 2017, 1107, 1108; a.A. Bacher in: BeckOK-ZPO, § 278 Rn. 22). Werden mehrere Güterichter bestellt, muss die Aufteilung der Güterichterverfahren zwar nicht im Einzelnen vorher bestimmt werden (BT-Drs. 17/8058, S. 21; Greger, MDR 2017, 1107, 1108; a.A. Röthemeyer, Rn. 439). Unzulässig ist es aber, die Wahl den Parteien zu überlassen (BT-Drs. 17/5335, S. 20; Assmann, MDR 2016, 1303, 1305; Ahrens, NJW 2012, 2465, 2469; a.A. Bacher in: BeckOK-ZPO, § 278 Rn. 22.1) Als gesetzlicher Richter i.S.d. § 16 GVG muss dieser dem Gericht angehören, bei dem der Rechtsstreit anhängig ist (Foerste in: Musielak, § 278 Rn. 14; Saenger in: Hk-ZPO, § 278 Rn. 19; Ahrens, NJW 2012, 2465, 2469). Die Praxis bezirksübergreifender oder sogar gerichtsbarkeitsübergreifender Güterichterzuständigkeiten ist rechtswidrig (ebenso Burschel in: BeckOK-FamFG, § 36 Rn. 51b; Ahrens, NJW 2012, 2465, 2469; a.A. Greger, MDR 2017, 1107), weil eine Bestimmung in einem Geschäftsverteilungsplan nicht die Zuständigkeit eines an sich unzuständigen Gerichts begründen kann; die im Regierungsentwurf noch vorgesehene Konzentrationsermächtigung (so § 15 GVG-E des RegE, BT-Drs. 17/5335, S. 6) ist gerade nicht Gesetz geworden. Zulässig dürfte es aber sein, einen Richter mit dessen Zustimmung als Güterichter an ein anderes Gericht abzuordnen (so die Anregung bei Burschel in: BeckOK-FamFG, § 36 Rn. 51b).

II. Ausschluss und Ablehnung des Güterichters

Da der Güterichter nach dem Vorstehenden gesetzlicher Richter ist, müssen die Vorschriften über die Ablehnung und Ausschließung von Richtern (§§ 41 ff. ZPO, ggf. i.V.m. §§ 6 FamFG, 46 II ArbGG, 54 VWGO, 60 SGG, 51 FGO) entsprechend anwendbar sein (anders aber z.B. Greger/Weber, MDR 2019, S1 Rn. 19). Besondere Probleme bereitet dabei eine Vorbefassung oder „Nachbefassung“ des Güterichters im Rahmen des streitigen Verfahrens. Geht es um die Ausschließung des früher im Verfahren tätigen Güterichters im Rahmen des späteren Verfahrens, hilft die Regelung in § 41 Nr. 8 ZPO nur wenig weiter. Nach dem Wortlaut ist ein Richter ausgeschlossen in „Sachen, in denen er an einem Mediationsverfahren oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat“. Unmittelbar darunter fällt der Güterichter nicht (einen Ausschluss gem. § 41 Nr. 8 ZPO ablehnend deshalb z.B. VG Göttingen, Beschluss vom 27. Oktober 20142 B 986/13; Greger/Weber, MDR 2019, S1 Rn. 385). Allerdings ist nicht zu verkennen, dass es weder mit der Vertraulichkeit des Güterichterverfahrens (s. dazu unten) noch mit dessen neutraler Stellung zu vereinbaren wäre, müssten die Parteien befürchten, der Güterichter könnte im Falle eines Scheiterns des Güterichterverfahrens z.B. als Vertreter oder im Falle einer Beförderung/Versetzung im weiteren Verlauf des Rechtsstreits doch zur Entscheidung berufen sein. Deshalb spricht alles dafür, von einem gesetzlichen Ausschluss des Güterichters auszugehen (so auch - wenn auch mit unterschiedlicher Begründung - LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.03.2017 - 9a Sa 16/17; Stackmann in: MüKo-ZPO, 5. Aufl. 2016, § 41 Rn. 28; Meyer-Holz in Keidel, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 36 Rn. 59; Dürschke, NZS 2013, 41, 48 f.). Jedenfalls sollte in einem solchen Fall eine Selbstablehnung oder ein Ablehnungsgesuch für begründet erklärt werden (so auch VG Göttingen, Beschluss vom 27. Oktober 20142 B 986/13). Geht man davon aus, dass die konkrete Person des Güterichters im Geschäftsverteilungsplan bestimmt werden muss, stellt die die Problematik in ähnlicher Weise, wenn ein zunächst im Rahmen des streitigen Verfahrens tätiger Richter später aufgrund einer Versetzung oder Beförderung als geschäftsplanmäßiger Güterichter zuständig wird. Dieser Fall ist vom Gesetz überhaupt nicht geregelt (der Güterichter ist dann insbesondere dann nicht - mehr - „entscheidungsbefugt“ i.S.d. § 278 Abs. 5 ZPO). Auch diese Situation steht allerdings einer sinnvollen Durchführung des Güterichterverfahrens entgegen, werden doch die Parteien in aller Regel Probleme haben, bei einem Einsatz mediativer Techniken von einer Allparteilichkeit des Güterichters auszugehen. Um solche Probleme zu vermeiden, bietet sich eine Regelung im Geschäftsverteilungsplan an, wonach als Güterichter nicht tätig werden kann, wer zuvor in der Sache tätig war. Fehlt es daran, sollte in einem solchen Fall aufgrund der Besonderheiten des Güterichterverfahrens stets von einer „Besorgnis der Befangenheit“ des Güterichters i.S.d. § 42 Abs. 1 ZPO ausgegangen werden, und zwar auch dann, wenn der Richter zuvor keine (End-)Entscheidung erlassen hat.

III. Haftung des Güterichters

Das Haftungsprivileg des § 839 Abs. 2 BGB gilt für den Güterichter nicht, da er keine Spruchrichtertätigkeit ausübt (allg. Ansicht, s. nur Greger/Weber, MDR 2019, S1 Rn. 383). Die praktische Relevanz einer solchen Haftung dürfte sich angesichts der besonderen Rolle des Güterichters aber in engen Grenzen halten. Im Übrigen gelten die allgemeinen Grundsätze, wonach die Haftung bei richterlichen Amtspflichtverletzungen auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt ist (s. BGH, Urteil vom 03.07.2013 - III ZR 326/02) entsprechend.

D. Die Verweisung an den Güterichter

I. Der Verweisungsbeschluss

Die Verweisung an den Güterichter erfolgt durch förmlichen Beschluss (VGH Mannheim, Beschluss v. 27.02.2014 – 8 S 2751/11; Greger in: Greger/Unberath/Steffek, Teil E, Rn. 110). Dieser kann gem. § 128 Abs. 4 ZPO (ggf. i.V.m. § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG), § 32 FamFG, § 101 Abs. 3 VwGO, § 123 Abs. 3 SGG, § 90 Abs. 1 Satz 2 FGO ohne mündliche Verhandlung ergehen und bedarf keiner Begründung. Die Verweisung setzt keine Rechtshängigkeit voraus und ist in jedem Verfahrensstadium zulässig (vgl. OLG Naumburg, Beschluss v. 26.01.2016 - 12 W 114/15; ebenso Greger in: Zöller, § 278 Rn. 27). Zuständig für die Verweisung ist grds. das erkennende Gericht in der jeweiligen gesetzlich bestimmten Besetzung (s. nur VGH Mannheim, Beschluss v. 27.02.2014 - 8 S 2751/11; a.A. Ortloff, NVwZ 2012, 1057, 1060); dem Vorsitzenden obliegt die Verweisungsentscheidung am Arbeitsgericht (§ 54 Abs. 6 Satz 1 ArbGG) und in der Kammer für Handelssachen (entsprechend § 349 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Ob das Gericht die Parteien an den Güterichter verweist, steht dabei in dessen Ermessen (vgl. OLG München, Endurteil vom 05.12.2018 - 7 U 4091/17). Dabei sollte ausschlaggebend sein, ob die Besonderheiten einer Verhandlung vor dem Güterichter (Vertraulichkeit, keine Beschränkung auf den Streitgegenstand, Möglichkeit der Einbeziehung weiterer Personen) im konkreten Fall die Chance einer gütlichen Beilegung erhöhen und ob von einem solchen Verfahren auch langfristige Entlastungs- und Befriedungseffekte zu erwarten sind (ausführlich Greger, MDR 2014, 993, 995; Ahrens, NJW 2012, 2465, 2469; Benesch, NZFam 2015, 807, 809) Einer (ausdrücklichen) Zustimmung der Parteien bedarf die Verweisung nicht (BT-Drs. 17/5335, S. 20; LSG Bayern, Beschluss v. 05.09.2016 – L 2 P 30/16 B; OVG Bautzen, Beschluss v. 06.08.2014 – 1 A 257/10; a.A. BT-Drs. 17/8058, S. 21), den Parteien ist aber vor der Verweisung rechtliches Gehör zu gewähren. Eine Verweisung an den Güterichter kann und sollte in geeigneten Fällen daher auch erfolgen, wenn eine Partei sich dazu nicht erklärt (LSG Hessen, Beschluss v. 30.05.2014 – L 6 AS 132/14; OVG Bautzen, Beschluss v. 28.01.2014 – 1 A 257/10; insoweit nicht differenzierend OVG Lüneburg, Beschluss v. 09.01.2015 – 10 OB 109/14). Hat eine Partei der Verweisung ausdrücklich widersprochen, ist die Verweisung zwar gleichwohl zulässig (ArbG Hannover, Beschluss v. 01.02.2013 – 2 Ca 10/13; a.A. Ulrici in: MünchKomm-FamFG, § 36 Rn. 7), sie dürfte aber kaum eine zweckmäßige Ausübung des gerichtlichen Ermessens darstellen (vgl. OLG München, Endurteil vom 05.12.2018 - 7 U 4091/17).

II. Anordnung des Ruhens des Verfahrens?

Das Ruhen des Verfahrens gem. § 278a Abs. 2 ZPO, § 54a Abs. 2 ArbGG (bzw. im Anwendungsbereich des FamFG dessen Aussetzung gem. § 21 Abs. 1 FamFG) ist nur anzuordnen, wenn die Parteien sich zu einer außergerichtlichen Konfliktbeilegung entscheiden (OLG Bamberg, Beschluss v. 13.09.2018 – 2 WF 202/18 Rn. 12). Werden die Parteien an den Güterichter verwiesen, hat dieser das Verfahren zu fördern und wird dazu i.d.R. einen Termin anberaumen, zu dem die Parteien geladen werden. Das Verfahren gerät deshalb durch die Verweisung an den Güterichter – anders als im Fall der außergerichtlichen Mediation – nicht gem. § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB in Stillstand (vgl. Grothe in: MünchKomm-BGB, § 204 Rn. 80). Geht man nach dem oben gesagten von einer Parallelität zwischen streitigem Prozess und Güterichterverfahren aus, muss auch ein bereits vor dem Streitgericht - weitläufig - anberaumter Termin bei einer Verweisung an den Güterichter nicht aufgehoben werden, sondern kann für den Fall eines Scheiterns des Güterichterverfahrens bestehen bleiben.

III. Anfechtbarkeit des Verweisungsbeschlusses?

Ergeht ein Verweisungsbeschluss ohne die Zustimmung einer Partei oder sogar gegen deren Willen, stellt sich die Frage, ob der Verweisungsbeschluss anfechtbar ist. Dies lässt sich nicht schon mit der Begründung verneinen, der Verweisungsbeschluss beschwere die Parteien nicht. Denn während der Güterichter tätig ist, wird das Streitgericht keinen Termin zur Verhandlung anberaumen und das Verfahren auch sonst nicht weiter fördern. Allerdings lässt sich die Frage nicht allgemein beantworten, die Anfechtbarkeit dürfte sich vielmehr nach der jeweiligen Verfahrensordnung richten. Im Verwaltungsprozess ist eine Anfechtbarkeit gem. § 146 Abs. 2 VwGO bejaht worden (OVG Lüneburg, Beschluss v. 09.01.2015 – 10 OB 109/14; anders aber z.B. Korte in: Klowait/Gläßer, § 173 VwGO Rn. 14). Für das sozialgerichtliche Verfahren wird sie – soweit ersichtlich – verneint (LSG München, Beschluss v. 05.09.2016 – L 2 P 30/16 B). Für die ZPO ergibt sich die Unanfechtbarkeit aus § 567 ZPO (ggf. i.V.m. § 78 ArbGG), weil eine Beschwerde im Gesetz nicht vorgesehen ist und auch kein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen wird; Entsprechendes gilt im Anwendungsbereich des FamFG.

E. Die Verhandlung vor dem Güterichter

I. Protokoll

Ein Protokoll bzw. ein Vermerk ist gem. § 159 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ggf. i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG, § 105 VwGO, § 122 SGG, § 94 FGO), § 28 Abs. 4 Satz 3 FamFG nur auf übereinstimmenden Antrag der Parteien aufzunehmen. Damit soll den Parteien die Angst genommen werden, „ihre Erklärungen und ihr Verhalten im Rahmen der Güteverhandlung“ könnten ihnen in einem nachfolgenden gerichtlichen Verfahren entgegengehalten werden“ (BT-Drs. 17/8058, S. 21). Diesem Zweck folgend dürfte die von einer Partei erklärte Zustimmung zu einer Protokollierung oder ein dahin gehender Antrag auch jederzeit und ohne Einschränkungen widerruflich sein.

II. Vertraulichkeit

Anders als die Mediation (vgl. § 4 MediationsG) unterliegt das Verfahren vor dem Güterichter darüber hinaus nur einer eingeschränkten Vertraulichkeit. So gilt zwar der Öffentlichkeitsgrundsatz gem. § 169 Satz 1 GVG, § 52 Satz 1 ArbGG, § 55 VwGO, § 61 Abs. 1 SGG, § 52 Abs. 1 FGO nicht, da der Güterichter nicht „erkennendes Gericht“ im Sinne der genannten Vorschriften ist (BT-Drs. 17/8058, S. 21) und ihm gem. § 383 Nr. 6 ZPO ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht (Francken, NZA 2012, 836, 840). Den Parteien bleibt es aber bspw. unbenommen, Äußerungen der Gegenseite während der Verhandlung vor dem Güterichter in den Prozess einzuführen und ihre Prozessbevollmächtigten insoweit als Zeugen zu benennen (Thole, ZZP 1+27 (2014), 339, 363) I.d.R. wird der Güterichter deshalb auf eine Vereinbarung der Parteien hinwirken, über den Inhalt der Verhandlung Vertraulichkeit zu bewahren und teilnehmende Personen wie z.B. Prozessbevollmächtigte nicht als Zeugen zu benennen (Greger/Weber, MDR-Sonderheft 2012, 12). Kommt dann keine Einigung zustande und machen die Parteien entgegen einer solchen Vereinbarung Inhalte der Verhandlung vor dem Güterichter zum Gegenstand ihres Parteivortrags, tritt im Geltungsbereich der ZPO keine Geständnisfiktion (§ 138 Abs. 3 ZPO) ein, wenn sich die Gegenseite dazu nicht erklärt (Greger in: Zöller, § 278 Rn. 30a; Künzl, MDR 2016, 952, 955); ein Beweisantritt ist wegen Verstoßes gegen die Vereinbarung unzulässig (Bösch/Lobschat, SchiedsVZ 2014, 190, 191).

III. Prozesserklärungen vor dem Güterichter

Dass im Rahmen der Verhandlungen vor dem Güterichter Prozesserklärungen abgegeben werden können, ist jedenfalls, soweit es um den Abschluss eines Prozessvergleichs geht, unstreitig (anders aber z.B. Lange in: juris PK-SGG, § 202 Rn. 19). Denn auch für das Protokoll des Güterichters gelten die §§ 159 ff. ZPO; ein protokollierter Vergleich ist deshalb ein Vollstreckungstitel i.S.d. § 794 ZPO, soweit er einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat (vgl. OLG Naumburg, Beschluss v. 25.01.2017 – 12 Wx 40/16). Nach wie vor unklar ist, ob auch im Übrigen Prozesserklärungen vor dem Güterichter abgegeben und von diesem protokolliert werden dürfen (ablehnend z.B. Brandis in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 155 FGO Rn. 9). Das ist praktisch äußerst relevant, weil das Ergebnis auch eine Klagerücknahme, ein Verzicht, ein Anerkenntnis oder eine übereinstimmende Erledigterklärung sein kann (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 23.05.2019 - 9 W 12/19; OLG Bremen, Beschluss v. 10.04.2018 – 4 UF 2/18; OLG Naumburg, Beschluss v. 25.01.2017 – 12 Wx 40/16). Bedenkt man, dass der Gesetzgeber das Güterichterverfahren bewusst hoheitlich ausgestaltet hat und der Güterichter gesetzlicher Richter ist und ein Protokoll i.S.d. §§ 159 ff. ZPO aufnehmen kann, ist eigentlich kein Grund ersichtlich, warum er nicht befugt sein sollte, Prozesserklärungen entgegenzunehmen und mit Zustimmung der Parteien zu protokollieren (ebenso Löer in: Klowait/Gläßer, § 278 ZPO Rn. 17; Thole, ZZP 1+27 (2014), 339, 350 ff.; Ortloff, NVwZ 2012, 1057, 1060; Künzl, MDR 2016, 952, 955). Insbesondere verlässt er mit der einvernehmlichen Protokollierung einer solchen Erklärung auch nicht die ihm in besonderem Maße obliegende Neutralität.

IV. Anwaltszwang

Im Zusammenhang mit vor dem Güterichter abgegebenen Prozesserklärungen stellt sich außerdem die Frage, ob § 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO auch auf das Verfahren vor dem Güterichter anwendbar ist. Da vor dem Güterichter keine „Verhandlung“ i.S.d. §§ 137, 278 ZPO stattfindet, dürfte zunächst außer Frage stehen, dass es den Parteien auch ohne Prozessbevollmächtigte möglich ist, an den Erörterungen eines solchen – formlosen – Güteversuchs teilzunehmen. Aus § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 78 Abs. 3 ZPO ergibt sich außerdem, dass die Parteien den Rechtsstreit ohne anwaltliche Vertretung für erledigt erklären können. Und es ist zu berücksichtigen, dass Dritte in einem Rechtsstreit keiner anwaltlichen Vertretung bedürfen, wenn sie lediglich einem Vergleich beitreten und eine vollstreckbare Verpflichtung übernehmen wollen (vgl. BGH, Urteil v. 16.12.1982 – VII ZR 55/82). Das spricht in einer Gesamtschau dafür, sämtliche Prozesserklärungen der Parteien und ggf. zugelassener Dritter vor dem Güterichter vom Anwaltszwang auszunehmen (ebenso Röthemeyer, Rn. 485 f.; Greger in: Greger/Unberath/Steffek, Abschnitt E, Rn. 168; a.A. Assmann in: Wieczorek/Schütze, § 278 Rn. 76; Piekenbrock in: BeckOK-ZPO, § 78 Rn. 33b). Dogmatisch wird man dafür auch den Rechtsgedanken des § 78 Abs. 3 ZPO heranziehen können (ebenso OLG Naumburg, Beschluss v. 25.01.2017 – 12 Wx 40/16): Der Güterichter ist zwar weder ersuchter noch beauftragter Richter; seine Stellung ist aber vergleichbar. Ist (nur) eine Seite anwaltlich vertreten, könnten sich allerdings Probleme im Hinblick auf § 12 BORA ergeben (s. aber auch BVerfG, Beschluss vom 25.11.2018 - 1 BvR 848/07).

F. Entscheidungsbefugnis des Güterichters

I. Grundsatz: Keine Entscheidungsbefugnis des Güterichters

Der Güterichter ist ausweislich des Wortlauts von § 278 Abs. 5 ZPO, § 36 Abs. 5 FamFG, § 54 Abs. 6 ArbGG „nicht entscheidungsbefugt“. Deshalb kann kein Zweifel daran bestehen, dass er keine Sachentscheidung treffen, insbesondere auch kein Versäumnis-, Anerkenntnis- oder Verzichtsurteil erlassen darf (s. nur Greger, MDR 2014, 993, 995). Ebenso darf der Güterichter keine Kostenentscheidung treffen; weder gem. § 269 Abs. 4 ZPO, noch gem. § 91a ZPO (Geisler in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 278 Rn. 10 a.E). Auch sonstige Beschlüsse dürften dem Streitgericht vorbehalten sein, so z.B. die Aussetzung des Rechtsstreits (§ 246 ZPO) im Fall der §§ 239 – 241 ZPO oder die Anordnung des Ruhens des Verfahrens auf übereinstimmenden Antrag der Parteien, wenn diese z.B. zunächst ohne Hilfe des Güterichters weiterverhandeln wollen (Fritz in: Fritz/Pielsticker, Mediationsgesetz, § 278 Rn. 69; a.A. Bacher in: BeckOK, ZPO, § 278 Rn. 34). Die Billigung familiengerichtlicher Vereinbarungen ist ohnehin dem Familiengericht vorbehalten (Ulrici in: MünchKomm-FamFG, § 36 Rn. 10). Prozesskostenhilfe muss für das Güterichterverfahren nicht gesondert bewilligt werden, weil Güterichterverfahren und streitiges Verfahren kostenrechtlich identisch sind und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die jeweilige Instanz deshalb auch das Güterichterverfahren erfasst (OLG Bamberg, Beschluss v. 13.09.2018 – 2 WF 202/18 Rn. 12). Zur Bewilligung für die jeweilige Instanz ist der Güterichter nicht befugt (Röthemeyer, Mediation, Rn. 484; Prütting in: MünchKomm-ZPO, § 278 Rn. 33), denn dies erfordert gem. § 114 ZPO stets eine Prüfung der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung oder -verteidigung, was mit der vom Güterichter geforderten besonderen Neutralität kaum zu vereinbaren ist. Auch die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf einen Mehrvergleich sollte dem Streitgericht vorbehalten bleiben (OLG Bamberg, Beschluss v. 13.09.2018 – 2 WF 202/18; ebenso Röthemeyer, Rn. 484 a.E.; Künzl, MDR 2016, 952, 955 f.); dies umso mehr, als es sich dabei nach der jüngeren Rechtsprechung des BGH (Beschluss v. 17.01.2018 – XII ZB 248/16, s. dazu ausführlich hier) lediglich um eine Formalentscheidung handelt. Für das weitere Vorgehen des Güterichters in einem solchen Fall kommt es maßgeblich auf die eingangs dargestellte dogmatische Konstruktion der Verweisung an: Geht man davon aus, dass der Rechtsstreit nach der Verweisung nur noch vor dem Güterichter anhängig ist, muss dieser zunächst zurückverweisen, damit das Streitgericht eine der vorstehend genannten Entscheidungen treffen und die Parteien (oder den Rechtsstreit?) danach wieder vor den Güterichter verweisen kann. Geht man hingegen davon aus, dass das Streitgericht „Herr des Verfahrens“ bleibt, kann dies eine solche Entscheidung auf Anregung des Güterichters oder der Parteien auch während des laufenden Güterichterverfahrens treffen oder nachholen und z.B. Prozesskostenhilfe bewilligen, das Verfahren – mit Wirkung auch für das Verfahren vor dem Güterichter – aussetzen oder dessen Ruhen anordnen.

II. Ausnahme: Feststellung eines Vergleichs

Eine Ausnahme von dem zuvor dargestellten Grundsatz gilt für die Feststellung eines Vergleichs gem. § 278 Abs. 6 ZPO, § 36 Abs. 3 FamFG (die Vorschrift dürfte trotz der Regelung in § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren weiterhin anwendbar sein, siehe ausführlich Müller, NZS 2014, 166 ff.). Denn dem Gericht kommt bei der Feststellung im Grundsatz kein Ermessen zu, sodass es sich in der Sache nicht um eine Entscheidung handelt, sondern um eine beosndere Form der Dokumentation (AG Bersenbrück, Beschluss vom 07.02.2019 - 17 F 126/18; Burschel in: BeckOK, FamFG, § 36 Rn. 58, Stand 07/2018). Allenfalls bei Vergleichen, die gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) oder gegen ein gesetzliches Gebot (§ 134 BGB) verstoßen, kann das Gericht die Feststellung ablehnen (ausführlich Müller-Teckhoff, MDR 2014, 249, 250). Einen sittenwidrigen oder verbotenen Vergleich wird der Güterichter aber auch in einer Verhandlung nicht protokollieren, denn er ist an Recht und Gesetz gebunden (Prütting in: MünchKomm-ZPO, § 278 Rn. 34; Assmann, MDR 2016, 1303, 1305). Mit der Feststellung eines Vergleichs geht der Güterichter daher in materieller Hinsicht nicht über die ihm auch im Rahmen der Güteverhandlung eingeräumten Befugnisse hinaus. Einen Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO feststellen können daher sowohl das Streitgericht als auch der Güterichter (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss v. 21.03.2017 – 1 UF 106/16; ebenso Röthemeyer, Rn. 472; Künzl, MDR 2016, 952, 955). Eine Feststellung des Vergleichs durch den Güterichter hat dabei den Vorteil, dass auf diese Weise auch der Inhalt des Vergleichs der Vertraulichkeit des Güterichterverfahrens unterfällt.

III. Sonderfall: Streitwertfestsetzung

Besonders dringlich stellt sich die Frage nach der Entscheidungsbefugnis des Güterichters bei der Festsetzung von Streitwert und Vergleichswert, gerade wenn – wie im Güterichterverfahren häufig – der Vergleich Gegenstände erfasst, die zuvor nicht streitgegenständlich waren. Die Begründung des ursprünglichen Regierungsentwurfs stellt insoweit nur apodiktisch fest, dass der Güterichter den Streitwert festsetzen „kann“ (BT-Drs. 17/5335, S. 20), die weiteren Gesetzgebungsmaterialien verhalten sich dazu nicht. Der Wortlaut von § 278 Abs. 5 ZPO, § 36 Abs. 5 FamFG, § 54 Abs. 6 ArbGG spricht eher dagegen. Zum früheren Richtermediator war in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertreten worden, dass dieser den Streitwert nicht festsetzen kann (OLG Celle, Beschluss v. 05.12.2008 – 2 W 261/08); zum Güterichter fehlen obergerichtliche Entscheidungen. Nur bedingt hilfreich sind insoweit Vorschläge, wonach eine Einigung der Parteien über den Streitwert protokolliert werden soll (ähnlich Greger in: Greger/Unberath/Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, Abschnitt E, Rn. 133) oder diese einen Wert „vorschlagen“ sollen (siehe OLG Braunschweig, Beschluss v. 21.03.2017 – 1 UF 106/16; Brose, GRUR 2016, 146). Die Höhe des Streitwerts sollte zwar mit den Beteiligten nach Abschluss einer Vereinbarung erörtert werden (Greger/Weber, MDR-Sonderheft 2012, 26 f.); sie ist aber im Ergebnis der Disposition der Parteien entzogen. Denn die Parteien können sich insbesondere nicht zulasten der Staatskasse auf einen zu niedrigen Streitwert einigen und die Prozessbevollmächtigten sind ohnehin nicht verpflichtet, sich einer „Einigung“ der Parteien über die Höhe des Streitwerts anzuschließen. Könnte nur das Streitgericht den Wert des Rechtsstreits und des Vergleichs festsetzen (so z.B. Bacher in: BeckOK, ZPO, § 278 Rn. 31; Ahrens, NJW 2012, 2465, 2470; Dürschke, NZS 2013, 41, 50), bliebe von der vom Gesetzgeber beabsichtigten Vertraulichkeit des Güterichterverfahrens unter Umständen kaum etwas übrig, weil dann die Inhalte der Verhandlung vor dem Güterichter dem Streitgericht bekanntgemacht werden müssen und damit aktenkundig werden (so aber Röthemeyer, Rn. 479 f., der meint, der Güterichter müsse dem Streitgericht die Informationen „in Vermerkform“ mitteilen). Setzt hingegen der Güterichter den Streitwert fest, lässt sich die Vertraulichkeit immerhin so lange wahren, als die Akten nicht wegen einer Beschwerde gegen die Festsetzung dem Beschwerdegericht zugeleitet werden. Um diese Vertraulichkeit zu gewährleisten, reicht es aber aus, dem Güterichter im Wege einer teleologischen Reduktion der § 278 Abs. 5 ZPO, § 36 Abs. 5 FamFG, § 54 Abs. 6 ArbGG die Zuständigkeit für die Festsetzung des Vergleichswerts zu übertragen (ebenso Greger in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 33). Ihm auch im Übrigen die Zuständigkeit für die Festsetzung des Streitwerts zu übertragen, ist hingegen nicht erforderlich (für eine Festsetzung von Streitwert und Vergleichswert durch den Güterichter z.B. Assmann in: Wieczorek/Schütze, § 278 Rn. 76). Dass bei dieser „gespaltenen Wertfestsetzung“ die – wohl eher theoretische – Möglichkeit besteht, dass der Wert des Rechtsstreits (der im Wert des (Mehr-)Vergleichs ja enthalten ist), durch den Güterichter anders festgesetzt wird, wird man in Kauf nehmen können.

IV. Feststellung gem. § 31 Abs. 4 GKG bzw. § 26 Abs. 4 FamGKG

Die zuvor thematisierten Zuständigkeitsprobleme zeigen sich auch im Rahmen der Feststellung gem. § 31 Abs. 4 GKG bzw. § 26 Abs. 4 FamGKG. Nach dem Inhalt der Regelungen kann der Gegner einer PKH-Partei Erstattung der von ihm verauslagten Gerichtskosten aus der Staatskasse nur verlangen, wenn die Parteien einen Vergleich auf Vorschlag des Gerichts schließen und das Gericht feststellt, dass der Vergleich der Kostenregelung im Vergleich der für den Fall einer streitigen Entscheidung zu erwartenden Kostenentscheidung entspricht (s. dazu ausführlich schon hier). Fehlt es an diesen Voraussetzungen, ist der Gegner auf das – regelmäßig wenig aussichtsreiche – Beitreibungsrecht gegen die PKH-Partei verwiesen. Die Feststellung i.S.d. § 31 Abs. 4 Nr. 3 GKG, § 26 Abs. 4 Nr. 3 FamGKG setzt aber ebenso wie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine Überprüfung der Erfolgsaussichten voraus, was mit der Rolle des Güterichters kaum zu vereinbaren ist. Deshalb spricht viel dafür, sie bei einem Vergleich im Rahmen einer Güterichterverfahrens im Wege einer teleologischen Reduktion für entbehrlich zu halten (so OLG Oldenburg, Beschluss vom 28.10.2019 - 2 W 41/19). Aus anwaltlicher Vorsicht erscheint es aber wenig ratsam, sich - im Bezirk anderer OLG - darauf zu verlassen. Hält man eine entsprechende Feststellung - und sei aus nur aus Gründen anwaltlicher Vorsicht - für erforderlich, muss sie dem Streitgericht vorbehalten bleiben. Da diese Feststellung nach der Rechtsprechung der meisten Obergerichte vor Abschluss des Vergleichs getroffen werden muss und nicht nachgeholt werden kann (OLG Bamberg, Beschluss v. 19.08.2014 – 2 UF 77/14 Rn. 14; OLG Frankfurt a.M., Beschluss v. 02.08.2017 – 5 UF 310/15 Rn. 5), muss der vorgeschlagene Vergleich deshalb zunächst dem Streitgericht vorgelegt werden, damit dieses ggf. die Feststellung i.S.d. § 31 Abs. 4 Nr. 3 GKG, § 26 Abs. 4 Nr. 3 FamGKG treffen kann. Erst danach kann dann – ggf. gem. § 278 Abs. 6 ZPO, § 36 Abs. 5 FamFG – der Vergleich geschlossen werden.

V. Zurückverweisung nach Scheitern des Güteversuchs?

Scheitert der Güteversuch, ist das Verfahren durch das Streitgericht fortzusetzen. Auch dann stellt sich wieder die eingangs geschilderte Frage nach den rechtlichen Folgen der Verweisung: Geht man davon aus, dass der Rechtsstreit insgesamt in die Hände des Güterichters gelegt wird, muss dieser den Rechtsstreit an das Streitgericht zurückverweisen (so z.B. Bacher in: BeckOK, ZPO, § 278 Rn. 33; Assmann in: Wieczorek/Schütze, § 278 Rn. 78). Geht man hingegen mit der hier für vorzugswürdig erachteten dogmatischen Konstruktion davon aus, dass der Rechtsstreit (auch) beim Streitgericht bleibt, ist keine Zurückverweisung erforderlich, sondern eine Mitteilung über die (teilweise) Erfolglosigkeit des Güterichterverfahrens an das Streitgericht ausreichend (vgl. LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 20.11.2017 – 10 Ta 1390/17; ebenso Greger/Weber, MDR-Sonderheft 2012, 21).

G. Fazit

Das Güterichterverfahren stellt im Ergebnis eher einen Fremdkörper im System der vorhandenen Verfahrensordnungen dar und fügt sich darin nur mit erheblichen Friktionen ein. Dabei bleibt nicht nur die dogmatische Konstruktion der Verweisung vor den Güterichter im Dunkeln; insbesondere bei der Abgrenzung der Befugnisse von Streitgericht und Güterichter bestehen erhebliche Unsicherheiten, die dringend obergerichtlicher Klärung bedürfen. Dieser Beitrag ist in gedruckter Form zuerst in der juris Monatszeitschrift erschienen (jM 2019, 52 ff. erschienen. Die – leicht gekürzte – Zweitveröffentlichung hier im Blog erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Herausgeber, für die ich mich sehr bedanke. Der Beitrag wird in unregelmäßigen Abständen aktualisiert, zuletzt am 18.12.2019.