Entscheidung
Der Bundesgerichtshof stellt zunächst klar, dass der Erlass eines Teilurteils betreffend die Beklagte zu 2) zulässig war.
„Gegen die von Amts wegen zu prüfende […] Zulässigkeit des erstinstanzlichen Teilurteils bestehen allerdings keine Bedenken. Ein Streitgenosse, bezüglich dessen die Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit unzulässig ist, kann durch Teilurteil aus dem Prozess entlassen werden (BGH, Urteil vom 24. Februar 2015 - VI ZR 279/14, juris Rn. 6 ff.).“
Allerdings sei das Teilurteil „falsch“, weil das Landgericht international zuständig sei.
„a) Die Zuständigkeit kraft rügeloser Einlassung ist, da die Beklagte zu 2) ihren Sitz in Irland und damit in einem Mitgliedstaat der EU hat, nach Art. 24 Satz 1 EuGVVO aF […] zu beurteilen […].
b) Nach Art. 24 Satz 1 EuGVVO aF wird ein Gericht eines Mitgliedstaats, sofern es nicht bereits nach anderen Vorschriften der Verordnung zuständig ist, zuständig, wenn sich der Beklagte vor diesem Gericht auf das Verfahren einlässt, ohne den Mangel der Zuständigkeit zu rügen, und keine anderweitige ausschließliche Zuständigkeit begründet ist.
Von einer Einlassung auf das Verfahren ist auszugehen, wenn der Beklagte die Zuständigkeitsrüge nicht spätestens in der Stellungnahme erhebt, die nach dem innerstaatlichen Prozessrecht als das erste Verteidigungsvorbringen vor dem angerufenen Gericht anzusehen ist […]. Vor den deutschen Zivilgerichten ist danach im Gegensatz zu § 39 ZPO keine Einlassung zur Hauptsache erforderlich; zuständigkeitsbegründend ist bereits eine rügelose Einlassung in der Klageerwiderung […].
Nach diesen Grundsätzen sind die deutschen Gerichte mit Eingang der Klageerwiderung der Beklagten zu 2) zuständig geworden. In dieser hat die Beklagte zu 2) umfassende und ausführliche Einwendungen in der Sache erhoben, ohne die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts zu beanstanden.
Eine anderweitige ausschließliche Zuständigkeit gemäß Art. 22 EuGVVO aF besteht nicht. Die erstmals im Schriftsatz vom 6. Dezember 2012 erhobene Rüge vermochte die bereits begründete Zuständigkeit nicht zu beseitigen.
c) Diesem Ergebnis steht das vom Berufungsgericht angeführte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. November 1996 (IX ZR 264/95, BGHZ 134, 127 ff.) nicht entgegen. Dort wird zwar ausgeführt, dass eine rügelose Einlassung nicht vorliegt, wenn der Beklagte bei seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung, zumindest gleichzeitig mit der Bezugnahme auf die vorbereitenden Schriftsätze, die internationale Unzuständigkeit rügt und zwar unabhängig davon, ob er diese Rüge bereits in der Klageerwiderung erhoben hat (BGH, aaO, S. 136).
Diese Entscheidung betrifft jedoch ausdrücklich die Auslegung des § 39 ZPO bzw. dessen Verhältnis zu den § 282 Abs. 3, § 296 Abs. 3 ZPO und damit ausschließlich nationale Rechtsnormen. Die einschlägigen Vorschriften der EuGVVO aF bzw. des EuGVÜ fanden im damals zu entscheidenden Fall keine Anwendung, da der Beklagte seinen Wohnsitz nicht in einem Mitgliedstaat hatte (BGH, aaO, S. 136).
d) Auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, RIW 2008, 726, 728), nach der erst ein rügeloses Einlassen im Kammertermin die internationale Zuständigkeit nach Art. 24 EuGVVO aF begründet, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Das Bundesarbeitsgericht begründet seine Auffassung ausdrücklich mit den Besonderheiten des arbeitsgerichtlichen Verfahrens, das im Vergleich zur Zivilprozessordnung wesentlich stärker vom Grundsatz der Mündlichkeit und vom Verhandlungsgrundsatz geprägt sei. Das Gericht bezieht seine Auffassung ausschließlich auf arbeitsgerichtliche Verfahren und nicht auf Zivilverfahren im Allgemeinen.“
Anmerkung
Das Ergebnis entspricht der bislang herrschenden Meinung (s. z.B. OLG Frankfurt, Urteil vom 09.09.1999 – 4 U 13/99; OLG Hamm, Urteil vom 02.10.1998 – 29 U 212/97 – jeweils zur EuGVÜ). Angesichts des insoweit sogar noch deutlicher gefassten Wortlauts von Art. 26 Abs. 1 Brüssel Ia-VO dürften diese Grundsätze auch nach der Brüssel Ia-VO gelten.
Allerdings ist das Ergebnis im Hinblick auf § 39 ZPO nicht gerade intuitiv. Bei grenzüberschreitenden europäischen Sachverhalten sollte daher immer schon so frühzeitig wie möglich die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts geprüft und ggf. gerügt werden.
Und mir bleibt noch eine Frage: Wie wird die VO (EU) 1215/2012 denn nun richtig bezeichnet? Als „Brüssel Ia-VO" oder (wenn der BGH von „EuGVVO a.F." spricht) als „EuGVVO n.F."?
tl;dr: Schon eine rügelose Einlassung in der Klageerwiderung begründet die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gemäß Art. 24 Satz 1 EuGVVO.
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