KG: Kostenfeststellungsantrag anstelle Erledigungserklärung unzulässig
- Schließt sie sich der Erledigungserklärung an (oder äußert sich nicht), entscheidet das Gericht über die Kosten gem. § 91a ZPO nach Ermessen durch Beschluss; eine Beweisaufnahme findet nicht statt, eine mündliche Verhandlung ist gem. § 128 Abs. 4 ZPO entbehrlich.
- Schließt sich die beklagte Partei der Erledigungserklärung nicht an, wird die Erledigungserklärung umgedeutet in eine Klageänderung dahingehend, dass die klagende Partei begehrt, das Gericht möge feststellen, dass die Klage ursprünglich zulässig und begründet gewesen sei und dass nach Rechtshängigkeit Erledigung eingetreten sei. Mit diesem geänderten Antrag ist der Prozess dann fortzusetzen, mündlich zu verhandeln und ggf. auch Beweis zu erheben.
Entscheidung
Das Kammergericht hat die Kostenentscheidung teilweise abgeändert und dem Kläger die Kosten auferlegt, soweit diese durch den Termin entstanden seien. Denn dieser sei nur aufgrund der Klageänderung in einen Kostenfeststellungsantrag entstanden. Und dieser sei unzulässig:„Dem Landgericht kann nicht darin gefolgt werden, dass die Änderung der Klage in die Feststellung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs sachdienlich i.S. von § 263 ZPO war und – sofern nicht doch noch die Erledigungserklärung abgegeben worden wäre, wozu das Landgericht insoweit in Widerspruch zu einen Ausführungen die Klägerin im Termin veranlasst hat – begründet gewesen wäre. Der Kläger hat kein „Wahlrecht“, ob er nach Eintritt eines erledigenden Ereignisses nach Rechtshängigkeit seine Klage für erledigt erklärt oder einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch geltend macht.
Die prozessualen Kostenregelungen der §§ 91 ff ZPO sind in Bezug auf die Kosten des laufenden Rechtsstreits vorrangig und grundsätzlich abschließend. Die zivilprozessualen Kostenvorschriften stellen gegenüber den materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlagen Ausnahmevorschriften dar, die an ein bestehendes Prozessrechtsverhältnis anknüpfen und die Kostentragungspflicht unabhängig vom Verschulden nach dem Maß des Unterliegens regeln (…). Kostengrundentscheidungen sind allein nach Maßgabe der ZPO über die Kostentragung zu treffen (…). Die sich daraus ergebende „prozessuale Kostenlast“ ist von einem möglichen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch zu unterscheiden (…). So trägt der Kläger etwa ungeachtet eines etwaigen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs die Kosten des Rechtsstreits nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO, wenn er die Klage wegen Erledigung nach Rechtshängigkeit zurücknimmt (…).
Der Kläger, dessen Klage sich nach Rechtshängigkeit erledigt hat, ist zur Vermeidung der Klageabweisung gehalten, die Erledigung zu erklären. Schließt sich der Beklagte an, kommt es zur Kostenentscheidung nach § 91a ZPO in einem summarischen Verfahren, bleibt die Erledigung einseitig, ist sie durch streitiges Urteil festzustellen (…).
Die ZPO bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber dem Kläger ein Wahlrecht einräumen wollte, ob er eine Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO (nämlich im Fall der Anschließung des Beklagten) „riskiert“ oder lieber durch Klageänderung eine materiell-rechtliche Prüfung des Gerichts im Gewand einer Kostenfeststellungsklage, ggf. auch mit Beweisaufnahme, erzwingt. Im Gegenteil ist gerade aus der Existenz des § 91a ZPO (neben der des § 99 ZPO) abzuleiten, dass Streitigkeiten über die Kosten möglichst eingeschränkt werden sollen (…). Der Kläger hat daher kein Wahlrecht zwischen Erledigungserklärung und Feststellung der (materiell-rechtlichen) Kostentragungspflicht (…).
Die von einigen Stimmen in der Literatur geforderte Wahlmöglichkeit des Klägers (…) lässt sich nach Auffassung des Senats mit dem geltenden Recht nicht begründen. Sie missachtet die Entscheidung des Gesetzgebers, im Fall der Erledigung mit § 91 a ZPO ein unkompliziertes und flexibles Verfahren zur Regelung der Kostenfrage bereitzustellen, in dem im Übrigen Fragen der materiellen Kostentragungspflicht unter Billigkeitsgesichtspunkten ebenfalls berücksichtigt werden können. Dass der Beklagte die Möglichkeit hat, durch Verweigerung der Erledigungserklärung eine streitige Entscheidung zu erzwingen, während der Kläger im Fall der Anschließung das summarische Verfahren nach § 91 a ZPO hinnehmen muss, ist Folge der Prozesslage und lässt von einer „Schlechterstellung“ des Klägers nicht sprechen. Mit § 91a ZPO wurde gerade ein Instrument geschaffen, um dem Kläger bei Erledigung nach Rechtshängigkeit die Kostenlast, die ihn nach § 91 ZPO oder § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO treffen würde, zu ersparen; die einseitige Erledigungserklärung gemäß § 264 Nr. 2 ZPO als Antrag auf Feststellung der Erledigung auszulegen, dient wiederum der Schließung der Schutzlücke, welche nach § 91a ZPO bei Verweigerung der Erledigungserklärung des Beklagten verbleibt (…).
Der Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH zur Umstellung der Klage in eine Klage auf materiell-rechtliche Kostenerstattung bzw. eine solche Feststellung (…) verfängt nicht. Diese Rechtsprechung betrifft (gerade) Ausnahmefälle, in denen der Kläger mangels Eingreifens von Kostenregelungen der ZPO keine Möglichkeit hätte, einer Kostenlast zu entgehen, und es unzumutbar und prozessunökonomisch wäre, ihn auf eine gesonderte Kostenklage zu verweisen (…). Im Falle der Erledigung nach Rechtshängigkeit ist der Kläger hingegen durch § 91a ZPO und hilfsweise eine Erledigungsfeststellungsklage hinreichend geschützt.
Entgegen der Ansicht des Landgerichts folgt ein allgemeines Wahlrecht des Klägers auch nicht aus den Wertungen des Urteils BGHZ 197, 147 = NJW 2013, 2201 (…). Der BGH hatte sich in der genannten Entscheidung allein damit zu befassen, ob in dem Fall, dass die Klage vor Rechtshängigkeit zur Erledigung kommt und daraufhin zurückgenommen wird, einer gesonderten, auf materielles Recht gestützten Kostenerstattungsklage im Hinblick auf die Möglichkeit eines Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Er hat dies verneint, weil der Weg des Kostenantrags nicht in vergleichbarer Weise sicher und wirkungsvoll sei, mit der Folge, dass der Kläger die Wahl hat, ob er den geltend gemachten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch im Wege des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO verfolgen oder deswegen eine - gesonderte - Kostenerstattungsklage erheben will (…).
Aus dieser Argumentation lässt sich nicht ableiten, dass es ein Kläger stets und auch im Anwendungsbereich des § 91 a ZPO in der Hand haben muss, ein summarisches Verfahren über die Kostenfrage zu verhindern, indem er die Klage auf eine materiell-rechtliche Kostenfeststellung umstellt. Insbesondere hat der BGH auch nicht ausgesprochen, dass der Kläger eine Umstellung im laufenden Verfahren vornehmen könne. Vielmehr gibt die Entscheidung ein Wahlrecht (nur) zwischen dem Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO und der gesonderten Kostenklage. Ersterer führt aber gerade zu einem § 91 a ZPO nachgebildeten summarischen Verfahren (s. BGH a.a.O., Tz 13). Auch die Entscheidung des BGH billigt dem Kläger somit nicht zu, die Anwendung als nachteilig empfundener prozessualer Kostenvorschriften durch eine Klageumstellung im Ausgangsverfahren zu umgehen.“