BGH zur Reichweite der Rechtskraft bei Klage und Widerklage
Entscheidung
Der VI. Zivilsenat hat das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben, weil dies schon nicht den Anforderungen des § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO genüge:„Die Berufungsanträge der Parteien sind im Berufungsurteil weder ausdrücklich noch sinngemäß wiedergegeben. Das Begehren der Beklagten zu 2 und 3 lässt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Gründe erschließen.
Im Rubrum des Berufungsurteils sind die Beklagten zu 2 und 3 als Berufungskläger genannt, allerdings ist nur der Beklagte zu 2 als Widerkläger angegeben. Aus den Gründen des Berufungsurteils ergibt sich, dass die Entscheidung des Amtsgerichts rechtskräftig ist, soweit dem Kläger ein hälftiger Erstattungsanspruch gegen die Beklagten zuerkannt wurde. Damit bleibt unklar, wogegen sich die Berufung der Beklagten zu 3 richten soll.
Aus dem im Berufungsurteil genannten Umstand, dass die Entscheidung des Amtsgerichts über die Klage rechtskräftig ist, folgt zwar, dass die Berufung des Beklagten zu 2 nur den mit der Widerklage und Drittwiderklage verfolgten Antrag zum Gegenstand haben kann, den das Amtsgericht zur Hälfte abgewiesen hat. Dem Berufungsurteil lässt sich aber weder sinngemäß noch aus dem Gesamtzusammenhang entnehmen, welche Ansprüche der Beklagte zu 2 im Einzelnen noch weiterverfolgt, also welche Haupt- und Nebenforderungen in welcher Höhe Gegenstand der Berufung sind, ebenfalls nicht, in welchem Umfang er den in erster Instanz gestellten und vom Amtsgericht mit einer Quote von 50 % zuerkannten Feststellungsantrag weiterverfolgt.“
Interessant ist aber vor allem die „Segelanweisung“:„Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Auffassung des Berufungsgerichts, durch die teilweise stattgebende Entscheidung über die Klage daran gehindert zu sein, der Widerklage weitergehend als das Amtsgericht stattzugeben, nicht zutrifft.
In prozessualer Hinsicht hat das Berufungsgericht insoweit (…) die objektiven Grenzen der Rechtskraft verkannt, die zwar das Bestehen/Nichtbestehen des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs erfasst, sich aber nicht auf die Beurteilung von Vorfragen wie hier auf die Frage nach der Unabwendbarkeit des Unfalls für die Beklagten zu 2 und 3 im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG oder die dem Zahlungsausspruch zugrundeliegende Haftungsquote erstreckt (…).“