OLG Düsseldorf zu sofortigem Anerkenntnis bei Rückgewähranspruch nach Anfechtungsgesetz

Karl-Heinz Meurer_OLG-D_wikimediaDen Schluss der Reihe zu § 93 ZPO bildet der Beschluss des OLG Düsseldorf vom 05.03.2015 – 12 W 19/14.

Darin geht es um einen Rückgewähranspruch nach dem Anfechtungsgesetz. Das OLG hatte sich in einem Fall einer Vorsatzanfechtung mit der Frage zu befassen, wann der Rückgewährschuldner allein durch die anfechtbar Handlung Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und wann eine vorherige Aufforderung an den Schuldner erforderlich ist.

Sachverhalt

Dem Verfahren lag eine geradezu klassische Konstellation für die Anwendung des Anfechtungsgesetzes zugrunde.

Die Klägerin hatte einen bereits titulierten – im Wege der Pfändung und Überweisung (§§ 829, 835 ZPO) auf sie übergegangenen –Anspruch in Höhe von rund 120.000 EUR gegen den Ehemann der Beklagten. Die Zwangsvollstreckung gegen den Ehemann versprach aber keinen Erfolg. Der Ehemann war zwar Eigentümer eines Grundstücks, darauf hatte er aber schon vor Klageerhebung zugunsten der Beklagten die Eintragung einer Grundschuld in Höhe von 600.000 EUR bewilligt. Die Grundschuld sollte zur Sicherung angeblicher Darlehensrückgewähransprüche dienen. Mit ihrer Klage verfolgte die Klägerin nun das Ziel, dass der Beklagten untersagt werde, von der zu ihren Gunsten eingetragenen Grundschuld Gebrauch zu machen.

Allerdings hatte bereits der ursprüngliche Inhaber der Forderung unmittelbar nach dem Urteil im Wege der einstweiligen Verfügung gegen die Beklagte ein Verfügungsverbot betreffend die Grundschuld erwirkt (§ 938 Abs. 2 ZPO), das in das Grundbuch eingetragen war.

Daher hatte das Landgericht die Auffassung vertreten, die Klägerin habe die Beklagte zunächst auffordern müssen, auf die Rechte aus der Grundschuld zu verzichten und die Kosten gem. § 93 ZPO der Klägerin auferlegt. Dagegen wendete sich diese mit der sofortigen Beschwerde.

Die Kosten eines Rechtsstreits trägt gem. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO grundsätzlich die unterlegene Partei; obsiegen beide Parteien, sind die Kosten gem. § 92 Abs. 1 ZPO i.d.R. zu quoteln. Erkennt die Beklagte – wie hier – den eingeklagten Anspruch an, so ergeht gem. § 307 ZPO gegen sie ein Anerkenntnisurteil. Da sie insoweit unterliegt, hat die gem. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO grundsätzlich die Kosten zu tragen.

Hat die Beklagte aber durch ihr Verhalten „zur Erhebung der Klage“ keine Veranlassung gegeben und erkennt sie den Anspruch sofort an, trägt gem. § 93 ZPO die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits. Damit sollen unnötige Prozesse vermieden werden, indem die Parteien zunächst außergerichtlich die Erfüllung des streitgegenständlichen Anspruchs verlangen müssen.

Für diesen Fall eines sofortigen Anerkenntnisses sieht § 99 Abs. 2 ZPO außerdem eine Ausnahme zu der Regel in § 99 Abs. 1 ZPO vor, dass Kostenentscheidungen nicht isoliert anfechtbar sind: Streiten die Parteien lediglich über die Voraussetzungen eines sofortigen Anerkenntnisses, können sie die Kostenentscheidung des Anerkenntnisurteils im Wege der sofortigen Beschwerde isoliert anfechten. Eben auf diesem Wege hatte die Klägerin hier die Kostenentscheidung des Landgerichts mit der sofortigen Beschwerde angefochten.

Eine Einführung in das Anfechtungsgesetz ist im Rahmen dieses Beitrags nicht möglich, der Beitrag von Janneck, JuS 2014, 1085 ff. ist dazu jedoch sehr lesenswert (und zur Vorbereitung auf das zweite Examen im Übrigen dringend empfohlen!).

Entscheidung
Mit ihrer Beschwerde hatte die Klägerin allerdings keinen Erfolg.

„Die Beklagte hat den gegen sie geltend gemachten Anspruch, von der zu ihren Gunsten eingetragenen Grundschuld keinen Gebrauch zu machen, i.S. von § 93 ZPO sofort anerkannt.

Bei Anordnung eines frühen ersten Termins – wie hier – ist ein innerhalb der (gegebenenfalls verlängerten) Klageerwiderungsfrist abgegebenes Anerkenntnis „sofort“ im Sinne dieser Vorschrift […].

Die Beklagte hat auch zur Klageerhebung keine Veranlassung gegeben.

Die Frage, ob der Schuldner eines Rückgewähranspruchs nach dem Anfechtungsgesetz vor Klageerhebung zur Vermeidung der Kostenlast zur freiwilligen Erfüllung aufgefordert werden muss oder ob er allein durch die Vornahme des anfechtbaren Geschäfts Anlass zur Klageerhebung gegeben hat, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (letzteres jedenfalls für die Vorsatzanfechtung bejahend z.B.: OLG Hamm, Beschl. v. 15.01.2008 - 27 W 48/07 = NJW-RR 2008, 1724, 1725 m.w.N.; Zöller/Herget, a.a.O., Rn. 4; BeckOK ZPO/Jaspersen/Wache, a.a.O. Rn. 70; a.A. z.B. OLG Brandenburg, Beschl. v. 25.02.2009 - 7 W 12/09 = OLGR Brandenburg 2009, 590 m.w.N.; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 22.03.1999 - 4 W 72/99-7 = NJW-RR 2000, 1667, 1668; MüKoZPO/Schulz, 4. Aufl., § 93 Rn. 23; Musielak/Lackmann, a.a.O., Rn. 5).

Wie der Senat bereits entschieden hat […], muss stets aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls entschieden werden, ob der Anfechtungsgegner Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.

Anlass zur Klageerhebung besteht dann, wenn durch eine vorherige Aufforderung an den Anfechtungsgegner der Zweck der Anfechtung vereitelt werden könnte. Liegen die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung gemäß § 3 Abs. 1 oder 2 AnfG vor, wird allein dies in aller Regel die sofortige Klageerhebung rechtfertigen. Eine vorherige Aufforderung zur freiwilligen Erfüllung des Rückgewähranspruchs würde den Anfechtungsgegner und den Schuldner warnen und die Gefahr in sich bergen, dass der Anfechtungsgegner – möglicherweise in kollusivem Zusammenwirken mit dem Schuldner – den anfechtbar erhaltenen Gegenstand weiter überträgt oder die Rechtsstellung des Gläubigers in anderer Weise zu vereiteln versucht.

Dies schließt nicht aus, dass unter besonderen Umständen kein Anlass zur Klageerhebung gegeben ist, weil für den Gläubiger bereits vor Klageerhebung zu ersehen war, dass eine Vereitelung des Rückgewähranspruchs nicht drohte […].

Solche besonderen Umstände hat das Landgericht mit Recht darin gesehen, dass der anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch gemäß § 11 Abs. 1 AnfG zu Gunsten des Rechtsvorgängers der Klägerin durch ein aufgrund der von diesem erwirkten einstweiligen Verfügung im Grundbuch eingetragenes Verfügungsverbot gesichert war. Die Beklagte war in dem Verfahren über den Erlass der einstweiligen Verfügung dem geltend gemachten Anspruch nicht entgegengetreten, was dafür sprach, dass sie sich auch einer außergerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs durch die Klägerin nicht widersetzen würde. Gegenteilige Anhaltspunkte hat die Klägerin, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, nicht vorgetragen.

Anlass, von sich aus gegenüber dem Rechtsvorgänger der Klägerin eine vollstreckbare Unterlassungserklärung abzugeben, bestand aus Sicht der Beklagten nicht, da ihr eine Beeinträchtigung des Rückgewähranspruchs aufgrund des eingetragenen Verfügungsverbots ohnehin nicht möglich war.“

tl;dr: Bei einer Vorsatzanfechtung i.S.d. § 3 AnfG gibt der Schuldner des Rückgewähranspruchs i.d.R. schon durch Vornahme des anfechtbaren Geschäfts Anlass zur Klageerhebung. Etwas anderes gilt, wenn der Rückgewähranspruch durch ein Verfügungsverbot i.S.d. § 938 Abs. 2 ZPO gesichert ist.

Anmerkung/Besprechung, OLG Düsseldorf, Beschluss v. 05.03.2015 – 12 W 19/14. Foto: © Karl-Heinz Meurer | wikimedia.org | CC BY-SA 3.0