OLG Hamm: Bezirksrevisor kann Beschluss gem. § 269 Abs. 4 Satz 2 ZPO nicht erzwingen
Entscheidung
Das OLG hat die Beschwerde als unzulässig verworfen, allerdings nicht, ohne seine Meinung zum Vorgehen des LG mehr als deutlich zu machen:„1. Die Entscheidung des Landgerichts steht mit dem Gesetz nicht in Einklang. Zu Unrecht und entgegen § 269 Abs. 4 S. 2 ZPO hat die Kammer es unterlassen, über die Kosten zu entscheiden.
2. Das ändert indes nichts daran, dass die sofortige Beschwerde der Staatskasse unstatthaft ist. Im Zivilprozess findet die sofortige Beschwerde (nur) in den Fällen des § 567 Abs. 1 ZPO statt.
a) § 567 Abs. 1 1 ZPO eröffnet die sofortige Beschwerde der Staatskasse nicht, weil ein Fall des § 127 Abs. 3 S. 1 ZPO nicht vorliegt.
b) Die Staatskasse ist auch nicht berechtigt, die Zurückweisung „eines das Verfahren betreffenden Gesuchs“ im Sinne von § 567 Abs. 1 2 ZPO zu rügen.
Die Staatskasse ist nicht Partei des Prozesses und im vorliegenden Fall auch nicht Inhaberin eines Erstattungsanspruchs. Letzteres folgt daraus, dass auch über § 59 RVG nur ein bereits bestehender Anspruch auf die Staatskasse übergehen kann. Vor dem Erlass einer Kostengrundentscheidung besteht ein solcher Anspruch aber nicht […]. Von dieser Rechtslage ist im Übrigen auch der Gesetzgeber bei der Novellierung des § 269 ZPO […] ausgegangen […]
An dieser Rechtslage hat sich nach der Einfügung des § 269 Abs. 4 S. 2 ZPO […] nichts geändert. Dass das Gericht gem. § 269 Abs. 4 S. 2 ZPO nunmehr von Amts wegen über die Kosten entscheiden muss, wenn – wie im vorliegenden Fall - dem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden war und der Kläger die Klage zurückgenommen hat, begründet noch kein Antrags- bzw. Beschwerderecht der Landeskasse.
Wenngleich durch diese Regelung verhindert werden soll, dass die Parteien zum Nachteil der Staatskasse vereinbaren, einen Kostenantrag bei Klagerücknahme nicht zu stellen, werden dadurch lediglich Pflichten des Prozessgerichts begründet, die betreffende Kostengrundentscheidung zu erlassen.
Dass diese Kostenentscheidung im vorliegenden Fall unterblieb, steht nach Auffassung des Senats in eindeutigem Widerspruch zu § 269 Abs. 4 S. 2 in Verbindung mit Abs. 3 S. 2 ZPO. Die danach zwingend zu treffende Kostenentscheidung lässt sich auch nicht mit der Begründung vermeiden, sie laufe dem erklärten Willen der Parteien zuwider. Käme es auf diesen Willen an, wäre die Regelung des Gesetzgebers sinnlos, da es stets dem Willen der die Klage zurücknehmenden Partei widersprechen wird, außergerichtliche Kosten des Beklagten tragen zu müssen.
Gleichwohl ist dem Beschwerdegericht eine Korrektur der unterbliebenen Entscheidung nur im Rahmen eines Rechtsbehelfs möglich, der von einem beschwerdebefugten Beteiligten eingelegt worden ist, woran es hier wie dargelegt fehlt.
Die Neuregelung des § 269 Abs. 4 S. 2 ZPO „läuft“ bei diesem Verständnis auch nicht etwa „leer“. Es ist davon auszugehen, dass die Prozessgerichte die Novellierung unter Beachtung von Sinn und Zweck des Gesetzes respektieren und mithin eine Entscheidung gem. § 269 Abs. 4 S. 2 ZPO treffen. Dies führt im Regelfall durchaus zu einer Kostengrundentscheidung, die den gewünschten Anspruchsübergang auf die Staatskasse (§ 59 RVG) bewirkt.“