OLG Hamm: Zeugnisverweigerungsrecht aus beruflichen Gründen und Schweigepflichtentbindung
Entscheidung
Das OLG hat die Zeugnisverweigerung für rechtmäßig erklärt:„1.Beweisthema sollen zunächst Umstände sein, die dem Beschwerdeführer im Sinne des § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO anvertraut worden sind und damit grundsätzlich seinem Zeugnisverweigerungsrecht unterfallen, da ein Bankangestellter kraft vertraglicher Vereinbarung der Bank mit dem Kunden zur Geheimhaltung verpflichtet ist […].
Denn anvertraut in diesem Sinne ist dem Geheimnisträger alles, was ihm gelegentlich seiner Berufsausübung bekannt geworden ist, während nicht anvertraut alles das ist, was er als Teil der Öffentlichkeit wahrgenommen hat oder was ihm privat bekannt geworden ist […]. Nach dem – streitigen – Vortrag des Klägers soll der Beschwerdeführer die unter Beweis gestellten Tatsachen bei einem Gespräch in der Bank von den Parteien erfahren haben, also im Rahmen seiner Berufsausübung.
2. Entgegen der Ansicht des Landgerichts wie auch des Klägers entfällt das Zeugnisverweigerungsrecht des Beschwerdeführers nicht deshalb, weil es um Äußerungen ihm gegenüber geht, die beiden Parteien ohnehin bekannt seien.
Diese Auffassung verkennt schon, dass es zwischen den Parteien gerade streitig ist, ob das behauptete Gespräch stattgefunden hat und darin die angeblichen Äußerungen getätigt wurden. Sie unterstellt in unzulässiger Weise das klägerische Vorbringen als zutreffend, weil anderenfalls die Aussage nicht getroffen werden könnte, es gehe ohnehin um den Inhalt eines beiden Parteien bekannten Gesprächs.
Selbst wenn man aber der Auffassung folgte, würde dies nicht dazu führen, dass damit die Verschwiegenheitsverpflichtung des Zeugen entfiele. „Herr des Geheimnisses“ wären dann nur beide Parteien gemeinsam, so dass auch nur sie gemeinsam den Beschwerdeführer von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinden könnten.
Dem steht, anders als das Landgericht und der Kläger meinen, nicht entgegen, dass es vorliegend um einen Streit der beiden „Herren des Geheimnisses“ selbst über den Inhalt des Gesprächs geht. Denn daraus folgt nicht, dass das Interesse der Parteien an einer Verschwiegenheit des Beschwerdeführers entfällt, wie sich auch gerade daraus ergibt, dass die Beklagte es ablehnt, ihn von seiner Verschwiegenheitsverpflichtung zu entbinden. Ob sie dies – insbesondere auch unter Berücksichtigung dessen, dass sie selbst einen „schriftliche Aussage“ (bzw. einen Aktenvermerk) des Beschwerdeführers im Rechtsstreit vorgelegt hat – berechtigt verweigert, kann aber allenfalls nach den Grundsätzen über die Beweisvereitelung berücksichtigt werden […]
3. Schließlich steht einem Zeugnisverweigerungsrecht des Beschwerdeführers auch nicht entgegen, dass das Gespräch, welches Beweisthema ist, bereits in öffentlicher Verhandlung erörtert worden und auch schon Gegenstand einer in öffentlicher Verhandlung stattgefundenen Beweisaufnahme gewesen ist.
Dabei kann dahinstehen, ob der Umstand, dass das Anvertraute auch anderen bekannt oder gar allgemein bekannt ist, überhaupt den Geheimnisträger von seiner Verschwiegenheitspflicht zu entbinden vermag […]. Denn dies kann allenfalls dann der Fall sein, wenn bereits offenkundig allgemein bekannt ist, welche Wahrnehmungen der Geheimnisträger selbst betreffend das Beweisthema getätigt hat. […]
Allein der Umstand, dass nur andere Personen, denen das Geheimnis auch bekannt sein mag, dieses schon öffentlich preisgegeben haben mögen, lässt hingegen den Geheimnischarakter dieser Tatsachen nicht entfallen. § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO macht die Verschwiegenheitspflicht des Amtsträgers nicht davon abhängig, ob auch weitere Personen dieselbe Wahrnehmung machen und/oder nachfolgend über diese öffentlich berichten. Dies wäre auch nicht praktikabel, da die Beurteilung, ob dem Amtsträger ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, dann gegebenenfalls von einer vorherigen Beweiswürdigung anderer Beweismittel abhängig wäre.“