Schiedsklauseln in der Insolvenz – Was ist ein gegenseitiger Vertrag i.S.d. § 103 InsO?
Entscheidung
Auch der Bundesgerichtshof hielt das Schiedsgericht für zuständig und stellt insoweit noch einmal die allgemein geltenden Grundsätze dar:„Die Schiedsvereinbarung ist weder ein gegenseitiger Vertrag noch ein Auftrag. Der Verwalter kann daher weder die Erfüllung ablehnen, noch erlischt der Schiedsvertrag durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (…).
Der Insolvenzverwalter ist an eine vom Schuldner abgeschlossene Schiedsvereinbarung allerdings nicht gebunden, soweit streitgegenständlich ein selbständiges, der Verfügungsgewalt des Schuldners entzogenes Recht des Insolvenzverwalters ist (…).
Zu diesen Rechten des Verwalters gehört das Wahlrecht bei gegenseitigen Verträgen nach § 103 InsO. Vom Wahlrecht erfasst werden die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Genossenschaft und ihren Mitgliedern, soweit sie auf einer vertraglichen Grundlage beruhen. Sind die in Rede stehenden Rechte oder Pflichten dagegen korporationsrechtlicher Art, fehlt es an einem gegenseitigen Vertrag (…).“
Hier ergäben sich die vertraglich geregelten Rechte und Pflichten schon aus der Mitgliedschaft der Schuldnerin:„Die gemäß den Verwendungsbestimmungen ausgestalteten Rechtsbeziehungen zwischen der Schuldnerin und der Antragsgegnerin sind unabhängig davon schon auf der Grundlage der weiteren, fehlerfreien Annahmen des Oberlandesgerichts korporationsrechtlicher Natur.
(1) Das Oberlandesgericht hat angenommen, die Generalversammlung der Antragsgegnerin beschließe aufgrund (…) ihrer Satzung die von der Schuldnerin unterzeichneten Verwendungsbestimmungen. Die Mitglieder der Antragsgegnerin seien gemäß (…) der Satzung verpflichtet, Beschlüssen der Generalversammlung nachzukommen. Die Gewährleistung eines Mehrwegpfandsystems sei nach (…) der Satzung Gegenstand des Unternehmens der Antragsgegnerin. Gemäß (…) der Satzung habe jedes Mitglied der Antragsgegnerin das Recht, „die Einrichtungen der Genossenschaft nach Maßgabe der dafür getroffenen Bestimmungen zu benutzen“ und insbesondere am Pfandsystem teilzunehmen. Die Verwendungsbestimmungen seien nicht als Vertrag und die Teilnehmer am Mehrwegpfandsystem nicht als Vertragsparteien, sondern als „Beteiligte“ bezeichnet.
Die Unterschrift der Beteiligten unter die Verwendungsbestimmungen sei keine Annahmeerklärung, sondern gewährleiste die Kenntnis der Verwendungsbestimmungen und diene so einem reibungslosen Ablauf des Poolverkehrs. Die Verwendungsbestimmungen regelten nicht gegenseitige Verpflichtungen zwischen der Antragsgegnerin und einzelnen Poolmitgliedern, sondern horizontale Pflichten im Verhältnis der einzelnen Poolmitglieder untereinander.
(2) Danach ergab sich das Ob und Wie der Teilnahme der Schuldnerin am Mehrwegpfandsystem unmittelbar aus ihrer Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin. Als Mitglied war sie gemäß (…) der Satzung berechtigt, aber nicht verpflichtet, die Einrichtungen der Antragsgegnerin und damit auch ihr Mehrwegpfandsystem „nach Maßgabe der dafür getroffenen Bestimmungen“ zu nutzen, also gemäß den von der Generalversammlung der Antragsgegnerin nach (…) der Satzung erlassenen Verwendungsbestimmungen.
Sowohl die Teilnahmeberechtigung als auch die inhaltliche Ausgestaltung der Teilnahme am Mehrwegpfandsystem ergab sich damit für die Schuldnerin aus ihrer Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin, wobei es ihr mitgliedschaftliches Recht war, die konkreten Flaschen- und entsprechenden Kästenpools der Antragsgegnerin zu bestimmen, denen sie beitreten wollte.
Waren die Rechte und Pflichten der Schuldnerin korporationsrechtlicher Natur, hatte die Unterzeichnung der Verwendungsbestimmungen nur noch deklaratorischen Charakter. Die Rechte und Pflichten der Schuldnerin beruhten unmittelbar auf der Satzung; sie „standen und fielen“ mit ihrer Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin (…).“