Selbständiges Beweisverfahren und materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
Entscheidung
Der BGH hat sich der Auffassung der Vorinstanzen angeschlossen und die Klage für zulässig gehalten:„Die Annahme des Berufungsgerichts, die Kläger könnten ihr Kostenerstattungsbegehren im Streitfall im Wege der Leistungsklage und gestützt auf ihren materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch verfolgen, ist frei von Rechtsfehlern.
a) Die Kläger hatten keine Möglichkeit, im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens eine (prozessuale) Kostenentscheidung zu ihren Gunsten zu erlangen.
Im selbständigen Beweisverfahren ergeht grundsätzlich keine Kostenentscheidung (...). Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens bilden einen Teil der Kosten des sich anschließenden Hauptsacheverfahrens, über die in der Regel in diesem Verfahren entschieden wird (…), so dass sie dort im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen sind (…).
Soweit eine Kostenentscheidung in einem selbständigen Beweisverfahren von der Prozessordnung überhaupt vorgesehen ist, erfolgt sie gegen den Antragsteller (§ 494a Abs. 2 ZPO). Kommt es nicht zu einem Hauptsacheverfahren, weil der Antragsteller nach Durchführung der Beweisaufnahme von der Einleitung des Hauptsacheverfahrens absieht, soll der Antragsgegner durch § 494a ZPO so gestellt werden, als habe er obsiegt (…).
Darüber hinaus kann eine Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren ausnahmsweise ergehen, wenn der Antragsteller seinen Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zurücknimmt. In diesem Fall hat der Antragsteller in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO grundsätzlich die Kosten zu tragen (…).
Dagegen besteht im selbständigen Beweisverfahren für eine Kostenentscheidung in entsprechender Anwendung von § 91a ZPO kein Raum. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unabhängig davon, ob die Erledigung einseitig durch den Antragsteller (…) oder übereinstimmend von Antragsteller und Antragsgegner erklärt wird (...).
b) Nimmt der Antragsgegner - wie hier - nach Erhebung des beantragten Beweises eine Handlung vor, die das Interesse des Antragstellers entfallen lässt, den Antragsgegner hierauf klageweise in Anspruch zu nehmen, steht dem Antragsteller stattdessen grundsätzlich die Möglichkeit offen, das Hauptsacheverfahren mit der Klage auf Feststellung zu führen, dass der Antragsgegner zu der vorgenommenen Handlung verpflichtet war (…). Obsiegt er in diesem Verfahren, erreicht er eine Kostengrundentscheidung, die die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens umfasst (…).
c) Die Möglichkeit eines solchen Vorgehens schließt die unmittelbare Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Wege der Leistungsklage indes nicht aus.
Zwar kann die Durchsetzung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs eingeschränkt sein, soweit die geltend gemachten Kosten mit denjenigen Kosten identisch sind, die im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden können oder geltend gemacht worden sind. Diese Einschränkung dient dazu, Unterschiede zwischen einer auf gleichem Sachverhalt beruhenden Entscheidung über den materiell-rechtlichen Anspruch einerseits und den prozessualen Kostenerstattungsanspruch andererseits zu vermeiden und räumt insoweit dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch im Grundsatz den Vorrang ein, sofern der Prozess geführt wird oder geführt worden ist (…).
So liegt es im Streitfall indes gerade nicht, weil es eine prozessuale Kostenentscheidung gar nicht gibt, der Antragsteller seinen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch vielmehr geltend macht, ohne dass ein Hauptsacheprozess im Sinne des § 494a ZPO – und sei es auch nur in Gestalt einer Feststellungsklage – geführt wurde oder geführt wird, oder auch nur ein Antrag nach § 494a Abs. 1 ZPO gestellt wurde.
Jedenfalls solange dies nicht der Fall ist, können die Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens daher ohne Beschränkung im Wege der Leistungsklage und – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – gestützt auf den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch geltend gemacht werden (…).
Nach diesen Grundsätzen müssen sich die Kläger nicht auf die Erhebung einer Feststellungsklage im Hauptsacheverfahren verweisen lassen. Hat der Antragsgegner eines selbständigen Beweisverfahrens einen Antrag nach § 494a Abs. 1 ZPO nicht gestellt, beschränkt sich das Ziel einer möglichen Feststellungsklage des Antragstellers auf sein Kosteninteresse und sind die sonstigen Voraussetzungen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs, etwa aus Verzug, wie im Streitfall vom Berufungsgericht festgestellt gegeben, erschöpft eine Leistungsklage des Antragstellers vielmehr dessen mögliches Feststellungsziel.“