Verwertung eines Vernehmungsprotokolls statt Vernehmung des Zeugen?
Entscheidung
Das OLG ist von einem stillschweigenden Beweismittelverzicht ausgegangen:„Die Auffassung der Beklagten, die Beweiswürdigung des Landgerichts sei fehlerhaft, weil es zur Abklärung des Sachverhaltes nicht nur die Strafakte des Amtsgerichts Leipzig beiziehen, sondern auch die von der Beklagten benannten Zeugen K., T. und H. selbst hätte vernehmen müssen, trifft nicht zu.
Denn das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung am 30.08.2017 auf die Möglichkeit einer Verwertung der Vernehmungsprotokolle aus dem Strafverfahren hingewiesen und eine Frist zur Mitteilung gesetzt, ob an der mündlichen Vernehmung der benannten Zeugen festgehalten wird. Da die Beklagte in Reaktion hierauf mit Schriftsatz vom 14.09.2017 wiederum nur auf die protokollierten Aussagen der Zeugen im Strafverfahren abgestellt hat ohne den Antrag auf Vernehmung zu wiederholen, hat sie stillschweigend auf die Vernehmung der Zeugen durch das Landgericht verzichtet.
Ein grundsätzlich möglicher und zulässiger Verzicht auf die Vernehmung von Zeugen durch schlüssige Handlung kann auch darin gesehen werden, dass die Partei, die noch nicht vernommene Zeugen benannt hat, nach durchgeführter Beweisaufnahme ihren Beweisantrag nicht wiederholt (…).
Diese Schlussfolgerung ist hier auch berechtigt, denn die Beklagte konnte dem Prozessverlauf und insbesondere dem Hinweis des Landgerichts ohne weiteres entnehmen, dass das Gericht mit der bisher durchgeführten Beweisaufnahme und der Beiziehung der Strafakte nebst den darin enthaltenen polizeilichen Vernehmungsprotokollen, Ermittlungsergebnissen und protokollierten Zeugenaussagen seine Aufklärungstätigkeit als erschöpft angesehen hat (…). Sie bleibt mit ihrem Antrag auf Vernehmung der Zeugen somit auch für die Berufungsinstanz ausgeschlossen.
Die erneute Benennung eines Zeugen in der Berufungsinstanz nach erstinstanzlich erklärtem Verzicht auf dessen Vernehmung beruht auf einer Nachlässigkeit, so dass das Verteidigungsmittel nicht berücksichtigt werden kann, § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO (…). Für das Berufungsverfahren ist vielmehr allein auf die Vernehmungsprotokolle und Zeugenaussagen aus dem Strafverfahren abzustellen, die der Senat im Wege des Urkundsbeweises zur Entscheidung herangezogen hat.“