Statthafter Rechtsbehelf bei verweigerter (Auslands-)Zustellung
Entscheidung
Das OLG hat die Beschlüsse des Landgerichts jeweils aufgehoben und das Landgericht angewiesen, „die Zustellung an die Antragsgegnerin nach Maßgabe der EuZustVO zu bewirken“.„1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig.
Zwar handelt es sich bei einem Zustellungsersuchen ins Ausland um einen Justizverwaltungsakt. Hierunter fallen Anordnungen, Verfügungen oder sonstige Maßnahmen von Justizbehörden zur Regelung einzelner Angelegenheiten unter anderem auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts und des Zivilprozessrechts (…). Die Entscheidung über deren Rechtmäßigkeit ist den ordentlichen Gerichten gemäß der §§ 23, 25 EGGVG übertragen (…).
Auch im Anwendungsbereich der EuZustVO ist die Ausführung der Zustellung Angelegenheit der Justizverwaltung und würde danach nicht zum Bereich der Rechtsprechung gehören, sondern zum Bereich der Justizverwaltungsakte bezüglich derer ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung zum OLG nach den §§ 23 ff. EGGVG zulässig wäre (...).
Allerdings ist die Anordnung der Auslandszustellung nach § 183 ZPO als solche ein Rechtsakt, denn sie erfolgt in richterlicher Unabhängigkeit (…).
Soll die Auslandszustellung – wie hier – im Parteibetrieb erfolgen, findet § 183 ZPO über die Verweisungsnorm des § 191 ZPO in der Weise Anwendung, dass auch hier – anders als nach § 192 ZPO – die Partei einen Antrag an den Vorsitzenden des Prozessgerichts zu stellen hat mit dem Ersuchen zur Auslandszustellung (…). Ein solcher Antrag ist vorliegend erfolgt.
Wenn das Gericht aber nicht nur als bloße Übermittlungsstelle tätig wird (hierzu sogleich unten unter 2.), sondern die vorgelagerte Entscheidung über das Ob und Wie der Auslandszustellung trifft, handelt es sich um einen richterlichen Akt, so dass es geboten erscheint, der sich hiergegen wehrenden Partei die Möglichkeit der Beschwerde nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zu eröffnen (…).
2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Das Landgericht hätte den Antragsteller nicht auf eine Parteizustellung im Ausland verweisen dürfen.
a) Innerhalb der Europäischen Union (mit Ausnahme von Dänemark) erfolgt die Zustellung eines Vollstreckungstitels auf der Grundlage der EuZustVO, der der Vorrang gegenüber § 183 ZPO gebührt, § 183 Abs. 1 ZPO. Die EuZustVO bietet vier Wege für die Zustellung von Schriftstücken; die förmliche Zustellung (Art. 4-11 EuZustVO), die Zustellung durch diplomatische oder konsularische Vertretungen (Art. 12 EuZustVO), die Zustellung durch Postdienste (Art. 14 EuZustVO) und die unmittelbare Zustellung (Art. 15 EuZustVO). Diese Zustellungsarten stehen gleichrangig nebeneinander (…).
Gemäß Art. 14 EuZustVO, auf den das Landgericht seine ablehnende Entscheidung gestützt hat, steht es jedem Mitgliedsstaat frei, Personen, die ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedsstaat haben, gerichtliche Schriftstücke unmittelbar durch Postdienst, per Einschreiben mit Rückschein oder gleichwertigem Beleg zustellen zu lassen. Diese Ermächtigung betrifft allerdings allein die Versandform, für die Art. 14 auch das Einschreiben mit Rückschein gelten lässt. Wer diese Zustellung auszuführen hat, wird in Art. 14 EuZustVO indes nicht geregelt, sondern vorausgesetzt. Nach Art. 2 Abs. 1 EuZustVO hat insofern jeder Mitgliedsstaat die Amtspersonen, Behörden oder sonstigen Personen zu benennen, die für die Übermittlung gerichtlicher Schriftstücke, die in einen anderen Mitgliedsstaat zuzustellen sind, zuständig sind (Übermittlungsstellen).
Nach § 1069 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO wird in Deutschland für Zustellungen im Ausland als deutsche Übermittlungsstelle im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der EuZustVO für gerichtliche Schriftstücke „das die Zustellung betreibende Gericht“ tätig; dies ist hier das Landgericht Chemnitz. Privatparteien sind als Übermittlungsstellen dort nicht aufgeführt, eine Zustellung im Parteibetrieb ist damit nach Art. 14 EuZustVO nicht möglich.
b) Eine solche käme vielmehr allein nach Art. 15 EuZustVO „durch Amtspersonen, Beamte oder sonstige zuständige Personen des Empfangsmitgliedsstaates“ in Betracht. Voraussetzung hierfür wäre indes, dass die Parteizustellung nach dem Recht des Empfangsmitgliedsstaates überhaupt zulässig ist. In Irland ist dies nicht der Fall (Europäischer Gerichtsatlas für Zivilsachen, Zustellung von Schriftstücken „Irland“ abrufbar unter https://e-justice.europa.eu/content_serving_documents-373-ie-de.do?member=1). Damit hätte das Landgericht im Rahmen der Auslandszustellung die Übermittlung nicht mit dem Argument ablehnen dürfen, die Partei selbst habe bei Zustellungen im Parteibetrieb für die Übermittlung zu sorgen.
c) Nach dem ausdrücklich angeordneten Vorrang des Europäischen Zustellungsrechts (§ 183 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) ist vielmehr die Zustellung im Parteibetrieb durch eine Zustellung durch das Gericht auf Veranlassung der Partei nach §§ 191, 183, 1069 ZPO in Verbindung mit Art. 14 EuZustVO zu ersetzen.“