Beweisführung allein durch Parteianhörung?
Entscheidung
Der Senat hat die Entscheidung des OLG wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gem. § 544 Abs. 9 ZPO aufgehoben und die Sache an einen anderen Senat des OLG zurückverwiesen.„Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt zu Recht, dass dem angefochtenen Urteil ein entscheidungserheblicher Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG zugrunde liegt, weil es versäumt hat, den entscheidungserheblichen Sachvortrag der Klägerin in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben (…).
a) Das Oberlandesgericht hat sich bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Klägerin tragend auch darauf gestützt, dass ihre Angaben zur im Hinblick auf eine für 2016 gemeinsam beabsichtigte Eheschließung mit dem Erblasser unterlassenen dinglichen Absicherung der Zahlung nicht glaubhaft seien. Insoweit hat es sich anhand des Sachvortrags und der persönlichen Anhörung der Klägerin keine Überzeugung bilden können und den der Klägerin obliegenden Beweis damit als nicht geführt erachtet. Dabei hat es aber wesentliches Vorbringen der Klägerin übergangen.
Die Würdigung der Angaben der Klägerin ist bereits mit Denkfehlern und Verstößen gegen Erfahrungssätze behaftet, wie etwa dem Vorhalt, nicht für die grundbuchmäßige Absicherung eines – vor dem Ableben gar nicht bestehenden – Anspruchs gesorgt zu haben, oder dem sachfremd angebrachten generellen Argwohn gegen eine Eheschließungsabsicht nach elf Jahren des Zusammenlebens. Abgesehen davon hätte das Oberlandesgericht die Behauptung der Klägerin jedenfalls nicht als unbewiesen behandeln dürfen, ohne die über ihre persönliche Anhörung hinaus noch angetretenen förmlichen Beweise vollständig zu erheben und zu würdigen.
b) 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei soll das Gebot des rechtlichen Gehörs als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. (…)
c) Diesen Anforderungen wird die angefochtene Entscheidung nicht gerecht.
Die Klägerin hatte bereits mit ihrer Klageschrift Beweis dafür, dass sie und der Erblasser ihre Eheschließung für das Frühjahr 2016 geplant hatten, angetreten durch Vernehmung dreier Zeugen, darunter ihr erstinstanzlicher Prozessbevollmächtigter. Im Rahmen ihrer Berufungserwiderung hat sie sich auf ihren Vortrag in der ersten Instanz einschließlich der dort angebotenen Beweise bezogen.
Zwar musste das Landgericht den Zeugenbeweis nicht erheben, nachdem es seine Überzeugungsbildung bereits auf die Angaben der Klägerin allein gestützt hatte. Wollte jedoch das Oberlandesgericht abweichend davon den Beweis über die von der Klägerin aufgestellte Behauptung nicht bereits durch das Ergebnis ihrer persönlichen Anhörung als geführt ansehen, so musste es entweder die weiter angebotenen Zeugenbeweise zusätzlich erheben und würdigen oder – wenn es den über die innere Tatsache der Eheschließungsabsicht angetretenen Zeugenbeweis als nicht hinreichend mit beweiszugänglichen Indiztatsachen unterlegt ansah – die Klägerin darauf hinweisen. Indem es dies unterlassen hat, hat es das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt.“