Werden Verträge über das Internet abgeschlossen, so fehlt es mitunter an einem eindeutigen Bezug zu einer Rechtsordnung. Dann kann auch die Bestimmung des zuständigen Gerichts Probleme aufwerfen. In diesem Fall schuf erst der Bundesgerichtshof Klarheit (Urteil vom 16. März 2021 – X ZR 9/20). Er bejahte in einem deutsch-französischen Rechtsstreit die Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt.
Sachverhalt
Der Kläger nahm Air France vor dem Landgericht Frankfurt auf Schadenersatz wegen der Stornierung eines Flugs in Anspruch. Er hatte im Dezember 2017 für den Sommer 2018 über die Webseite "airfrance.de" ein Ticket für einen Flug von San Francisco nach Paris in der First-Class und einen Weiterflug von Paris nach London in der Business-Class für insgesamt knapp EUR 600 gebucht. Nach Zahlung des Betrags bestätigte Air France die Buchung. Der Kläger erhielt ein elektronisches Ticket mit einem Reservierungscode. Als Ausstellungsort wies das Ticket unter anderem "DIR – WEB Allemagne, Frankfurt am Main" aus. Als Kontakt vor Reiseantritt wurde eine Telefonnummer mit der Frankfurter Vorwahl "069" angegeben. Im Impressum der Homepage heißt es: "Air France in Deutschland: Air France Direktion für Deutschland, Zeil 5, 60613 Frankfurt am Main". Einen Tag nach der Buchung teilte Air France dem Kläger von der E-Mail-Adresse "Customer Care Europe" in englischer Sprache mit, dass das Ticket wegen eines Systemfehlers storniert worden sei. Der gezahlte Betrag wurde erstattet. Ende Januar 2018 hätte ein vergleichbarer Flug EUR 10.578,86 gekostet. Der Kläger meinte, die Beklagte habe das Ticket nicht wirksam stornieren können. Er verlangte Schadenersatz in Höhe des objektiven Flugpreises von EUR 10.578,86.
Entscheidung der Vorinstanzen
Das Landgericht Frankfurt am Main wies die Klage als unzulässig ab, da es nicht international zuständig sei (Urteil vom 24. Oktober 2018, 2-24 O 22/18). Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main schloss sich der Auffassung des Landgerichts an (Urteil vom 16. Januar 2020 - 16 U 208/18). Das Landgericht habe seine internationale Zuständigkeit zu Recht verneint; sie folge insbesondere nicht aus Art. 7 Nr. 5 EuGVVO. Nach dieser Bestimmung könne zwar eine französische Partei in Deutschland verklagt werden, wenn es sich um Streitigkeiten aus dem Betrieb ihrer Zweigniederlassung, Agentur oder sonstigen Niederlassung in Deutschland handele, und zwar vor dem Gericht des Ortes, an dem sich diese befinde. In Frankfurt am Main befänden sich zwar die Marketingabteilung und der Sitz des Geschäftsführers für Deutschland. Bestätigung und Ticket seien aber nicht von dortigen Mitarbeitern ausgestellt worden, auch werde die Website komplett von Frankreich aus betrieben. Der durch die Angaben im Impressum der Beklagten erweckte Rechtsschein einer Beteiligung der Niederlassung sei nicht ausreichend, um die Zuständigkeit nach Art. 7 Nr. 5 EuGVVO zu eröffnen.