Erledigung eines Rechtsmittels?
Entscheidung
Der I. Zivilsenat hat die Erledigungserklärung für zulässig gehalten:„Der Schuldner hat das Rechtsbeschwerdeverfahren (...) in zulässiger Weise für erledigt erklärt.
1. Die Erledigungserklärung des Schuldners betrifft abweichend von ihrem auf die „Erinnerung“ gerichteten Wortlaut bei interessengerechter Auslegung das beim Senat anhängige Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde, mit der der Schuldner sein Begehren weiterverfolgt hat, die Zwangsvollstreckung aus dem Ausstandsverzeichnis vom 21. Juni 2016 zu verhindern. Die Vorschriften der §§ 91 ff. ZPO sind auf Beschwerden im Zwangsvollstreckungsverfahren anwendbar, wenn es sich – wie im Streitfall – um ein kontradiktorisches Verfahren zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger handelt (...).
2. Die Erledigungserklärung des Schuldners ist einseitig geblieben. Der Gläubiger hat ihr (…) widersprochen. Diese Erklärung ist trotz des im Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof grundsätzlich geltenden Anwaltszwangs (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO) wirksam, weil eine Erledigungserklärung im Sinne von § 78 Abs. 3 ZPO auch zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden kann (…).
3. Eine auf ein Rechtsmittel bezogene einseitige Erledigungserklärung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls dann zulässig, wenn hierfür ein besonderes Bedürfnis besteht, weil nur auf diese Weise eine angemessene Kostenentscheidung zu erzielen ist (…). So liegt es hier.
a) Für den Schuldner besteht ein besonderes Bedürfnis, eine ihn belastende Kostenentscheidung durch die einseitige Erledigungserklärung des Rechtsmittels zu vermeiden.
aa) Der Gläubiger hat den Vollstreckungsauftrag nach Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen die seine Erinnerung zurückweisende Entscheidung des Vollstreckungsgerichts zurückgenommen. Daraufhin hat der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger die Vollstreckungsunterlagen zurückgesandt. Damit fehlt es an einem gemäß § 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO für die hier in Rede stehende Einholung einer Vermögensauskunft des Schuldners im Sinne von § 802c ZPO erforderlichen Vollstreckungsauftrag. Die Antragsrücknahme führt zur Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahme (…).
Dadurch ist die für die Zulässigkeit des Rechtsmittels notwendige Beschwer nachträglich weggefallen. Die Beschwer muss als allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung für jedes Rechtsmittel nach der Zivilprozessordnung noch zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel gegeben sein; ihr Wegfall macht das Rechtsmittel unzulässig und führt zu dessen Verwerfung (…).
bb) Dem Schuldner bleibt allein die Erledigungserklärung seines Rechtsmittels, um der durch eine Verwerfung des Rechtsmittels drohenden Kostenlast zu entgehen (…).
Eine Rücknahme der Rechtsbeschwerde liegt nicht im Interesse des Schuldners. Sie hätte zur Folge, dass er die Kosten des Rechtsmittels unabhängig davon zu tragen hätte, ob es ursprünglich begründet war oder nicht (…). Die Möglichkeit, die Hauptsache für erledigt zu erklären, hat lediglich der die Zwangsvollstreckung betreibende Gläubiger.
b) Das erledigende Ereignis als solches steht vorliegend außer Streit. Der Gläubiger hat den Vollstreckungsauftrag unstreitig zurückgenommen.“
Allerdings musste der Schuldner am Ende doch die Kosten tragen, weil die Rechtsbeschwerde nach Ansicht des Senats von Anfang an unbegründet war.Anmerkung
Die auf ein Rechtsmittel bezogene Erledigungserklärung kommt dabei insbesondere im Zwangsvollstreckungsverfahren in Betracht, wenn z.B.- der Vollstreckungsauftrag oder der Haftbefehlsantrag zurückgenommen wird (zu letzterem s. kürzlich BGH, Beschluss vom 29.3.2018 – I ZB 54/17) oder
- der Titel, aus dem die Vollstreckung betrieben wird, auf eine Vollstreckungsgegenklage hin aufgehoben wird (OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.10.1997 – 5 W 31/95).
- ein Urteil nachträglich ergänzt (§ 321 ZPO) oder berichtigt (§ 319 ZPO) wird und dadurch die Beschwer für die zunächst eingelegte Berufung wegfällt (vgl. BGH, Urteil vom 30.09.2009 – VIII ZR 29/09);
- im Richterablehnungsverfahren der abgelehnte Richter im Laufe des Beschwerdeverfahrens versetzt wird oder sich die gerichtsinterne Zuständigkeit ändert (OLG Rostock, Beschluss vom 29.05.2006 – 7 W 97/05)
- ein Antrag auf öffentliche Zustellung zurückgewiesen wird, und sich im Laufe des Beschwerdeverfahrens ein Prozessbevollmächtigter für die Beklagte meldet (BGH, Beschluss vom 20. Januar 2009 – VIII ZB 47/08).