Fundstücke Oktober 2016 - Immer wieder Sammelklagen, 33 Jahre in einer Instanz, Reform der Juristenausbildung

Susanne Gerdom flickr CC BY-SA 2.0Zivilprozessrecht

Das Thema Sammelklagen bewegt nach wie vor die Gemüter und die Berliner Politik. Nachdem u.a. die Tagesschau und die Süddeutsche Zeitung berichteten, das Kabinett habe das Projekt ausgebremst um insbesondere VW im sog. Abgasskandal zu schützen, beeilte man sich in der Koalition zunächst, diesen Eindruck zu zerstreuen (Süddeutsche Zeitung und FAZ). Schließlich hat sich die Unions-Bundestagsfraktion aber wohl entschieden, das Gesetzgebungsvorhaben nicht weiter zu verfolgen, wie u.a. in der FAZ (Hendrik Wieduwilt) zu lesen ist. Dass eine Sammelklage nach amerikanischem Beispiel sinnvoll wäre, bezweifelt auch Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung. Vor dem Hintergrund des Gesetzgebungsverfahrens interessant sind auch die (kritischen) Berichte über das Telekom-Musterverfahren (u.a. von Joachim Jahn auf beck.de und von Marcus Jung in der FAZ (Teil I und Teil II sowie Kommentar).

Der LTO berichtet über einen Rechtsstreit der Erben des ARAG-Gründers, der nun schon seit 33 Jahren in erster Instanz beim Landgericht Düsseldorf anhängig sei. Hauptgrund für die lange Verfahrensdauer seien aber nicht Verzögerungen durch das Gericht, sondern immer wieder neu aufgenommene Einigungsversuche zwischen den Parteien.

Eine sehr interessante (patentrechtliche) Prozesstaktik im Streit über Kaffeekapseln beschreibt Mathieu Klos auf juve.de.

Zivilrecht

In seiner Praxis- und Examensrelevanz wohl nicht zu unterschätzen ist das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.10.2016 - VIII ZR 103/15, in dem dieser infolge der Rechtsprechung des EuGH seine einschränkende Auslegung von § 476 BGB aufgibt. Das Urteil wird u.a. besprochen von Prof. Dr. Roland Schimmel im LTO und von Dr. Frederik Leenen auf cmsbloggt.de.

Rechtspolitik

Die taz.de (Christian Rath) hat den RiBVerfG Reinhard Gaier zur wachsenden Bedeutung privater Schlichtungsstellen und deren Verhältnis zur staatlichen Justiz interviewt. Anders als die Präsidentin des Bundesgerichtshofs, Bettina Limperg, kann Gaier eine Konkurrenz nicht erkennen, weil vor Schlichtungsstellen insbesondere diejenigen Streitigkeiten gelangten, die wegen des Kostenrisikos nie zu Gericht gekommen wären.

 Joachim Jahn berichtet auf beck.de über die Pläne der Justizministerkonferenz zur Reform der Juristenausbildung. Insgesamt sollen die Ausbildungs- und Prüfungsbedingungen bundesweit stärker vereinheitlicht werden. Die Schwerpunktbereiche sollen stärker reglementiert werden, der Pflichtfachstoff im ersten Examen um das internationale Privatrecht gekürzt werden. In den Pflichtstoff des zweiten Examens aufgenommen werden soll das Anwaltsrecht.

BGH-Perle
Die BGH-Perle stammt diesmal aus einem Beschluss vom 13.10.2016 - IX ZR 128/16 - mit dem ein Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts gem. § 78b ZPO abgelehnt wurde:
„Einem Rechtsanwalt kann nicht zugemutet werden, evident unerhebliche Ausführungen in seine Rechtsmittelbegründung aufnehmen zu müssen.“
Foto: Susanne Gerdom/Flaschenpost | flickr | CC BY-SA 2.0