Ersatzfähigkeit von Übersetzungskosten
Entscheidung
Das OLG hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen:„Das Landgericht hat die geltend gemachten Übersetzungskosten nach Grund und Höhe zu Recht als erstattungsfähig festgesetzt. Es handelt sich um Kosten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung der Beklagten notwendig waren (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
a) Bei der Beklagten handelt es sich um eine im Ausland ansässige Prozesspartei in einer Rechtsform des irischen Rechts. Dass die mit dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag und seiner Abwicklung bei der Beklagten befassten Personen der deutschen Sprache in ausreichendem Maße – auch bezogen auf juristische und versicherungstechnische Fachbegriffe – mächtig sind, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Einer solchen Prozesspartei sind grundsätzlich die Kosten einer Übersetzung aller wesentlichen Schriftstücke, der den Schriftsätzen beigefügten Anlagen und gerichtlichen Verfügungen zu erstatten (…). Insofern streitet für die Beklagte das legitime Interesse, sich eine möglichst genaue und vollständige Kenntnis über den aktuellen Sach- und Streitstand des gegen sie betriebenen Verfahrens zu verschaffen, jederzeit dem Rechtsstreit folgen und entscheiden zu können, ob und in welcher Weise der Rechtsstreit weiter geführt wird. Dies gebieten der Anspruch auf rechtliches Gehör und der Grundsatz der Waffengleichheit.
b) Dies gilt auch, wenn der Prozessbevollmächtigte der ausländischen Partei die Übersetzung selbst bzw. durch einen in seiner Kanzlei beschäftigten Übersetzer vornimmt (...). Der Aufwand für solche Übersetzungen ist nicht als ein der Information zuzurechnender Aufwand mit der Prozessgebühr abgegolten (…). Ebenso wenig kommt es darauf an, ob einzelne bei der Beklagtenvertreterin tätige Rechtsanwälte die englische Sprache fließend beherrschen bzw. die englischsprachige Korrespondenz für sie zur täglichen Routine gehört.
c) Der Kostenerstattung steht darüber hinaus nicht entgegen, dass der maßgebliche Vertrag im Jahre 2004 in deutscher Sprache abgeschlossen worden ist (…), für den Vertrag (…) deutsches Recht gilt (…) und es sich bei dem Versicherer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses um eine Tochtergesellschaft der schweizerischen U. AG handelte. Diese Aspekte betreffen allein den Inhalt und die Durchführung des Vertrages. Hingegen folgt daraus nicht, dass die Beklagte den zusätzlichen Aufwand, der mit einer notwendigerweise in deutscher Sprache (§ 184 Satz 1 GVG) zu erfolgenden Prozessführung verbunden war, auch im Obsiegensfalle selbst zu tragen hätte. Maßgeblich sind das konkrete Prozessrechtsverhältnis, der Sitz der Beklagten im Zeitpunkt der Klageerhebung und die in diesem Zeitpunkt vorauszusetzenden Sprachkenntnisse. (…)
d) Der Kläger kann sich im vorliegenden Verfahren schließlich auch nicht darauf berufen, dass die Geltendmachung der Übersetzungskosten rechtsmissbräuchlich sei (§ 242 BGB). Zwar gilt das aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleitete Missbrauchsverbot auch im Zivilprozess und ist somit auch im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen (...). Dies gilt allerdings nur, wenn die maßgeblichen Tatsachen, aus denen dieser Einwand folgt, unstreitig sind oder anhand des Akteninhalts unzweifelhaft festgestellt werden können (….).
Dergleichen ist hier nicht der Fall. Es ist nicht unstreitig, dass dem Kläger bei Vertragsschluss versprochen worden sei, es laufe alles in deutscher Sprache ab und eine Übersetzung in die englische Sprache sei – auch im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung – nicht nötig. Eine derartige Zusicherung ergibt sich auch nicht aus den aktenkundigen Vertragsdokumenten, so dass nicht ohne Weiteres unterstellt werden kann, es sei zugunsten des Klägers ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden.
Nach seiner Ausgestaltung als zügig durchzuführendes Massenverfahren eignet sich die Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff. ZPO nicht, um schwierige Rechtsfragen und streitige Tatsachen zu klären. Es ist auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und die Beurteilung einfacher Fragen des Kostenrechts zugeschnitten. Der Rechtspfleger hat im Kostenfestsetzungsverfahren auch nur beschränkte Erkenntnismöglichkeiten und vermag solche Streitfragen nicht zu klären. Abgesehen von der Glaubhaftmachung des Kostenansatzes (§ 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO) findet in diesem Verfahren eine Beweiserhebung - etwa durch Zeugeneinvernahme - nicht statt. Dies gilt auch für die Beschwerdeinstanz, denn diese eröffnet dem Senat keine weitergehende Prüfungskompetenz. Wegen der geltend gemachten Einwendungen oder etwaiger Rück-(Erstattungsansprüche) ist der Kläger als Kostenschuldner daher auf ein Erkenntnisverfahren, namentlich die Klage nach § 767 ZPO zu verweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 11.10.2006 - XII ZR 285/02, NJW 2007, 1213 Rn. 10; OLG Brandenburg, BeckRS 2019, 6493).
e) Die Höhe der Übersetzungskosten ist im Streitfalle in entsprechender Anwendung des § 11 JVEG ermittelt worden (...). Sie begegnet auch im Übrigen keinen Bedenken und wird mit der Beschwerde nicht angegriffen.“