OLG Frankfurt: Keine Annexkompetenz für Kostenerstattungsanspruch im Vollstreckbarerklärungsverfahren
Entscheidung
Das Oberlandesgericht erklärte den Schiedsspruch antragsgemäß für vollstreckbar, da die formellen Voraussetzungen nach § 1064 Abs. 1 3 ZPO vorlagen und Gründe für die Versagung der Anerkennung nach Art. VI UN-Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen (UNÜ, New Yorker Abkommen) weder vorgetragen noch – soweit von Amts wegen zu berücksichtigen – ersichtlich waren. Das Gericht verwarf aber den weitergehenden Antrag auf Zahlung deutscher außergerichtlicher Anwaltskosten als unzulässig, da es an der funktionellen Zuständigkeit des Oberlandesgerichts fehle:
„Die durch § 1062 Abs. 1 ZPO begründete Eingangszuständigkeit des Oberlandesgerichts in Schiedssachen bezieht sich nicht auf einen wegen der beim Versuch einer vorgerichtlichen Durchsetzung der im Schiedsspruch zugesprochenen Forderungen entstandenen Anwaltskosten. Es kommt wegen der gesetzlichen Beschränkung der Zuständigkeit des Oberlandesgerichts auf Entscheidungen über bestimmte schiedsverfahrensrechtlicher Angelegenheiten entgegen der von der Antragstellerin vertretenen Rechtsauffassung auch keine erweiternde Auslegung des § 1062 Abs. 1 ZPO im Sinne einer „Annexkompetenz“ in Betracht.“
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ließ sich insbesondere nicht vom Argument der Antragstellerin überzeugen, dass das Interesse an einer Geringhaltung von Gerichts- und Anwaltskosten ausreiche, eine Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zu begründen.
Anmerkung
Wie das Oberlandesgericht anmerkt, ist das Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines (ausländischen) Schiedsspruchs kein Verfahren der Zwangsvollstreckung, sondern ein Erkenntnisverfahren eigener Art – und zwar gegenständlich beschränkt auf die Frage, ob der Schiedsspruch anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären ist, und dabei inhaltlich wegen des Verbots der „revision au fonds“ beschränkt auf die enumerativ aufgezählten Gründe, aus denen die Anerkennung eines Schiedsspruchs zu versagen ist (§ 1059 Abs. 2 ZPO, basierend auf Art. 34 Abs. 2 UNCITAL-Modellgesetz und Art. V UNÜ). Die Schiedsparteien haben darauf zu achten, dass Kostenerstattungsansprüche aus dem Schiedsverfahren auch durch das Schiedsgericht tituliert werden, entweder im Schiedsspruch selbst oder in einem separaten Kostenschiedsspruch. Die Zuständigkeit für nach Abschluss des Schiedsverfahrens entstandene weitere Anwaltskosten ist selbstständig und unabhängig vom Anerkennungsverfahren zu bestimmen. Der von Antragstellerin geltend gemachte Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten kann dabei entweder aufgrund der Schiedsvereinbarung vor einem Schiedsgericht gelten zu machen sein, oder aber nach allgemeinen Regeln der Entscheidungszuständigkeit staatlicher Gerichte unterliegen. Das hängt im Einzelfall von der Auslegung der – hier im Sachverhalt des Beschlusses nicht mitgeteilten – Schiedsvereinbarung ab.
tl;dr: Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts in Schiedssachen nach § 1061 Abs. 1 ZPO begründet keine Annexkompetenz zur Entscheidung über den Anspruch auf den Ersatz außergerichtlicher Anwaltskosten.
Anmerkung/Besprechung, Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 14. April 2020 - 26 Sch 3/20. In kostenrechtlicher Sicht wurde die Entscheidung besprochen von Schneider, SchiedsVZ 2020, 320.