OLG Hamburg zu unvollständiger Kostenregelung im Vergleich

In der Sache nichts wirklich Neues aber trotzdem sehr lesenswert ist der Beschluss des OLG Hamburg vom 24.07.2014 - 4 W 83/14.

Darin geht es um die Frage, wie die Kostenregelung in einem Vergleich zu verstehen ist, wenn in diesem nur von den Kosten des Rechtsstreits die Rede ist und die Kosten des Vergleichs aber nicht ausdrücklich erwähnt werden.

Sachverhalt

Im konkreten Fall hatten die Parteien vor dem Landgericht Hamburg einen Vergleich geschlossen. In diesem hieß es: „Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits“. Die vom Kläger im Kostenfestsetzungsverfahren angemeldete Einigungsgebühr wollte der Rechtspfleger aber nicht gegen den Beklagten festsetzen. Er vertrat die Ansicht, die Kosten des Rechtsstreits umfassten nicht die Kosten des Vergleichs. Und da über die Kosten des Vergleichs damit keine Regelung getroffen worden sei, seien diese gem. § 98 ZPO gegeneinander aufzuheben.

Der Richter trifft im Urteil nur eine Kostengrundentscheidung, d. h., er entscheidet darüber, welche Partei die Kosten des Rechtsstreits (in welchem Verhältnis) trägt. Auch durch eine Kostenregelung im Vergleich wird über die Kosten nur dem Grund nach eine Regelung getroffen.

Über die Höhe der zu erstattenden Kosten entscheidet der Rechtspfleger im (dem streitigen Verfahren nachfolgenden) Kostenfestsetzungsverfahren gem. §§ 103 ff. ZPO. Der Kostenfestsetzungsbeschluss ist gem. § 794 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO ein eigener Vollstreckungstitel, mit dem die obsiegende Partei auch ihre Kosten vollstrecken kann.

Hier waren – neben etwaigen Auslagen – auf beiden Seiten folgende Gebühren angefallen: eine 1,3 Verfahrensgebühr (KV 3100 zum RVG), eine 1,2 Terminsgebühr (KV 3104) und – da die Parteien den Rechtsstreit durch einen Vergleich beendet hatten – eine 1,0 Einigungsgebühr (KV 1003). Der Kläger hatte außerdem die Gerichtsgebühren vorgeschossen.

Nach der Regelung im Vergleich sollte der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits tragen. Der Kläger hatte daher in jedem Fall gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der (ermäßigten) Gerichtsgebühren und der Verfahrens- und Terminsgebühr. Fraglich war nur, ob die Kostenregelung im Vergleich auch die Kosten des Vergleichs (also die Einigungsgebühren) mit erfasste. Dann hätte die Beklagte dem Kläger auch diese erstatten müssen. Anderenfalls wäre § 98 Satz 1 ZPO anwendbar gewesen, mit der Folge, dass der Kläger die Einigungsgebühr seines Prozessbevollmächtigten selbst zu tragen hatte.

Entscheidung

Das OLG Hamburg hält die Ansicht des Rechtspflegers für – freundlich ausgedrückt – wenig überzeugend:

„Eine Aufhebung der Kosten des gerichtlichen Vergleichs nach § 98 ZPO kommt entgegen der Annahme des Landgerichts nicht in Betracht, denn die im Vergleich getroffene Kostenregelung, nach der die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, erfasst auch die infolge des Vergleichsabschlusses entstandene Einigungsgebühr, weshalb diese im Kostenfestsetzungsverfahren festzusetzen war. Zwar unterscheidet das Gesetz in § 98 ZPO zwischen den Kosten des Vergleichs und den Kosten des Rechtsstreits. Nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers umfassen daher die Kosten „des Rechtsstreits“ nicht die Kosten des gerichtlichen Vergleichs (BGH NJW 2009, 519, Rn. 13; NJW 2011, 1680, Rn. 13). Den Parteien ist es aber nach § 98 S. 1 ZPO unbenommen, die Vergleichskosten in die Kosten des Rechtsstreits einzubeziehen. In einer abweichenden Kostenregelung müssen die Vergleichskosten nicht besonders angesprochen werden. Es müssen aber hinreichende Anhaltspunkte gegeben sein, dass die Parteien die Kosten des Vergleichs als Kosten des Rechtsstreits behandeln wollen (BGH NJW 2009, 519, Rn. 14). Das kann bei den Kosten eines gerichtlichen Vergleichs regelmäßig angenommen werden, weil er zu dem eigentlichen Prozessgeschehen gehört, dessen Kosten von den Parteien gewöhnlich als Einheit angesehen werden (BGH, a.a.O., Rn. 15). Mithin sind, wenn eine Partei in einem Prozessvergleich die Kosten des Rechtsstreits übernimmt, damit regelmäßig auch die Kosten des Prozessvergleichs erfasst […].

So liegt der Fall hier. Die Parteien haben in einem Prozessvergleich nicht dem Gericht die Entscheidung über die Kosten überlassen, sondern auch eine Einigung zur Kostentragungspflicht erzielt. Dabei haben sie für die Kosten des Vergleichs keine abweichende Kostenregelung getroffen, wie dies für den Fall, dass die Vergleichskosten nicht der sonstigen Vereinbarung über die Kostenverteilung unterfallen sollen, üblicherweise geschieht. Der Wille der Parteien, die Kosten des Vergleichs der Kostenregelung des Rechtsstreits folgen zu lassen, kommt mithin vorliegend in der Form zum Ausdruck, in welcher die Parteien den Rechtsstreit beendet haben. Dass die Parteien außerhalb dessen zu den Vergleichskosten eine abweichende Regelung vereinbart hätten, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.“

Anmerkung

M. E. absolut richtig – ich frage mich eher ein wenig, was den Rechtspfleger da „geritten“ haben mag. Denn die Entscheidung des OLG Hamburg enthält nichts Neues, sondern ist, jedenfalls soweit es um gerichtliche Vergleiche geht, absolut herrschende Meinung. Nur für außergerichtliche Vergleiche hat der Bundesgerichtshof dies in den vom OLG zitierten Entscheidungen (m.E. wenig überzeugend) anders gesehen.

Jedenfalls bei außergerichtlichen Vergleichen muss daher immer auch über die Kosten des Vergleichs selbst eine ausdrückliche Regelung getroffen werden. Bei gerichtlichen Vergleichen kann dies offenbar unnötige Scherereien im Kostenfestsetzungsverfahren vermeiden.

Anmerkung/Besprechung, OLG Hamburg, Beschluss v. 24.07.2014 - 4 W 83/14