Entscheidung
Das OLG klärt zunächst, dass das richtige Rechtsmittel gegen eine unvollständige Kostenentscheidung die sofortige Beschwerde in entsprechender Anwendung von § 99 ZPO sei.
„Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 99 Abs. 2 S. 1 ZPO analog statthaft.
Dieser Bewertung steht die Regelung des § 99 Abs. 1 ZPO, nach der die Anfechtung der Kostenentscheidung unzulässig ist, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird, nicht entgegen. Vorliegend geht es nicht um die Anfechtung einer ergangenen Kostenentscheidung, sondern darum, dass das Vordergericht den Erlass einer Kostenentscheidung teilweise, nämlich bezogen auf das den in der Hauptsache identischen Streitgegenstand betreffende selbständige Beweisverfahren abgelehnt hat.
Dass in solchen Fällen ein Rechtsmittel gegeben sein muss und die nach § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu fordernde gesetzliche Grundlage in der entsprechenden Anwendung des § 99 Abs. 2 S. 1 ZPO zu finden ist, entspricht– soweit ersichtlich – allgemeiner Ansicht in Rechtsprechung und Literatur […]. Der Zweck der zu § 99 Abs. 1 ZPO gefundenen Regelung, die isolierte Anfechtung von Kostenentscheidungen zu verbieten, um Ungereimtheiten zwischen der Hauptsacheentscheidung und der Kostenentscheidung in der höheren Instanz zu vermeiden bzw. zu verhüten, dass die Rechtsmittelinstanz die Hauptsacheentscheidung, obwohl selbst nicht angegriffen, nachprüfen muss […], wird nicht berührt.“
In der Sache sei die Entscheidung des Landgerichtes dahingehend abzuändern, dass dem Kläger auch die der Beklagten im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Auslagen auferlegt werden.
„In der Sache durfte das Landgericht eine Entscheidung über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens nicht mit der Begründung ablehnen, es sei nicht auszuschließen, dass das Beweisergebnis in einem weiteren Verfahren zwischen den Parteien nach Fälligkeit des Klageanspruchs zu Ziffer 2., den es als zur Zeit unbegründet abgewiesen hat, von Bedeutung sein könne. Dieser Bewertung steht der Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung entgegen, wonach mit der Hauptsacheentscheidung grundsätzlich auch über die im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten zu befinden ist, wenn die Parteien und der Streitgegenstand des Beweisverfahrens und des Hauptprozesses - wie hier - identisch sind […].
Insbesondere bedarf es zur Einbeziehung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens keiner abschließenden Entscheidung über den Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens im Hauptsacheverfahren; selbst die Rücknahme der Hauptsacheklage ändert an der einmal begründeten Zugehörigkeit der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu den Kosten des Hauptsacheverfahrens nichts […]. So wie die Pflicht zur Tragung der im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten der Regelung des § 269 Abs. 3 ZPO, wonach der Kläger die Kosten des Hauptsacherechtsstreits nach Rücknahme seiner Klage zu tragen hat, folgt […], sind auch die vorliegend im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten der Klägerin aufzuerlegen, nachdem das Landgericht in dem angefochtenen, insoweit indessen nicht angegriffenen und nicht zur Überprüfung stehenden Urteil in Anwendung des § 91 Abs. 1 ZPO zu der Erkenntnis gefunden hat, dass die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits trägt.“
Anmerkung
Hinsichtlich der Entscheidung über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens, erscheint die Entscheidung möglicherweise nicht unbedingt intuitiv. Denn dem Kläger werden damit die gesamten Kosten des selbständigen Beweisverfahrens auferlegt, selbst wenn er mit dem Antrag zu Ziff. 2) aufgrund des Gutachtens später durchdringen sollte.
Allerdings verweist das OLG selbst auf den Beschluss des BGH vom 13.12.2006 – XII ZB 176/03, in dem sich dieser mit der entsprechenden Konstellation einer Kostenentscheidung gem. § 269 Abs. 3, 4 ZPO befasst hat. Und der Bundesgerichtshof hat es – entgegen der bis dahin herrschenden Auffassung – für richtig gehalten, die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens bei Rücknahme der Hauptsacheklage dem Kläger aufzuerlegen. Denn einerseits ergebe sich diese Kostenfolge auch, wenn die Beweisaufnahme im Rahmen des Rechtsstreits erfolgt sei. Und zum anderen stehe einer Trennung der Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung entgegen. Hinzu kommt, dass die Belange des Klägers nicht unbillig beeinträchtigt sind. Denn er es in der Hand, wie er den Prozess führt und – außerhalb von § 494a ZPO – wann er Klage erhebt.
Der Gesetzgeber könnte allen diese „Umwege“ übrigens ersparen, indem er § 494a ZPO dahingehend änderte, dass das Gericht nach Fristsetzung oder mit Zustimmung sämtlicher Beteiligter über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens (ähnlich wie in § 91a ZPO oder in § 81 FamFG) nach billigem Ermessen entscheiden könnte.
tl;dr: 1. Statthaftes Rechtsmittel gegen eine unvollständige Kostenentscheidung ist die sofortige Beschwerde entsprechend § 99 Abs. 1 ZPO. 2. Über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens ist schon im ersten zwischen den Parteien über den Gegenstand des Beweisverfahrens anhängigen Rechtsstreit zu entscheiden.
Anmerkung/Besprechung, OLG Köln, Beschluss v. 16.04.2015 – 4 W 6/15. Foto:
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