Ordnungsgeld von 1.000 EUR wegen Ausbleibens der Partei trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens?

Mit Beschluss vom 26.11.2014 – 7 W 63/14 hat sich das OLG Stuttgart (erneut) mit den Voraussetzungen eines Ordnungsgeldes gem. § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO befasst.

Sachverhalt

Dem zugrunde lag ein Verfahren vor dem LG Ulm, in dem eine Versicherung rückständige Krankenversicherungsbeträge in Höhe von rund 8.000 EUR einklagte. Der Beklagte verteidigte sich (wohl) damit, die Beträge bezahlt zu haben. In einem ersten Termin, zu dem das Gericht das persönliche Erscheinen beider Parteien zur Aufklärung des Sachverhalts und für einen Güteversuch angeordnet hatte, erschien für die Versicherung lediglich ein unterbevollmächtiger Rechtsanwalt, der zur Aufklärung nichts beitragen konnte. Zum Fortsetzungstermin, bei dem ebenfalls das persönliche Erscheinen angeordnet und die Vorstände der Klägerin persönliche geladen worden waren, erschien erneut lediglich der unterbevollmächtigte Rechtsanwalt. Dieser konnte immer noch keine Angaben zu den vom Beklagten behaupteten Zahlungen machen.

Das Gericht verhängte daher gegen die Klägerin ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000 EUR. Gegen diesen Beschluss wendete sich die Versicherung mit der sofortigen Beschwerde, hatte damit jedoch keinen Erfolg.

Entscheidung

Das OLG erläutert zunächst Sinn und Zweck des § 141 ZPO:

„Die Anhörung gem. § 141 ZPO verfolgt den Zweck, die sich durch Einschaltung von Mittelspersonen ergebenden Fehlerquellen so weit als möglich zu eliminieren und dem Gericht eine Aufklärung des ihm unterbreiteten Sachverhalts zu ermöglichen […] sowie der Beschleunigung der Sachverhaltsaufklärung, der Förderung einer zügigen Beendigung des Verfahrens und der Erleichterung der Tatsachenfeststellungen […]."

Danach habe das Landgericht zu Recht ein Ordnungsgeld gegen die Klägerin verhängt. Denn ein in den Termin entsandter Vertreter sei hinsichtlich der zweiten Voraussetzung des § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO nur dann ausreichend zur Aufklärung des Sachverhalts instruiert, wenn er umfassend sachverhaltskundig ist, um so wie die nicht erschienene Partei selbst Auskunft geben zu können. Als Vertreter i.S.d. § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO komme hier lediglich der anwaltliche Unterbevollmächtigte in Betracht; dieser habe die im Termin gestellten Fragen aber nicht beantworten können.

Das OLG bestätigt dann seine Rechtsprechung, nach der das Gericht nicht gehalten war, mit der Ladung einer Partei in einer Terminsverfügung die konkret an eine Partei zu stellenden Fragen schriftlich anzukündigen oder im Protokoll festzuhalten.

Auch dass der Vorstand die an ihn gerichteten Fragen als Nicht-Sachbearbeiter ebenfalls nicht hätte beantworten können, stehe der Verhängung eines Ordnungsgelds nicht entgegen. Denn der Vorstand hätte sich dann zuvor eingehend informieren und instruieren lassen müssen oder einen ausreichend instruierten bzw. mit dem Sachverhalt vertrauten Sachbearbeiter zum Termin entsenden können.

Das Gericht müsse im Rahmen von § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO auch nicht die Erschwerung bestimmter Sachverhaltsfeststellungen konkret feststellen. Nur wenn umgekehrt eine Erschwerung von Sachverhaltsfeststellungen durch das Ausbleiben ausgeschlossen erscheine, könne dies der Festsetzung eines Ordnungsgeldes ausnahmsweise entgegenstehen. Führten Spekulationen zum fiktiven Verlauf des Prozesses bei Anwesenheit der ausgebliebenen Partei zu keinem eindeutigen Ergebnis, gehe dies zu Lasten der ausgebliebenen Partei.

Zuletzt hat das OLG auch gegen die Höhe des Ordnungsgelds keine Bedenken:

„Die Klägerin hat die Anordnung des persönlichen Erscheinens gem. § 141 ZPO bereits hinsichtlich des ersten Termins zur mündlichen Verhandlung […] eigenmächtig ignoriert. Nachdem die Klägerin wiederholt, nämlich auch zum zweiten Termin des Landgerichts, weder den geladenen Vorstand der Klägerin noch ersatzweise einen sachkundigen Sachbearbeiter entsandt hat, sondern ein zweites Mal lediglich einen mit der Sache nicht vertrauten und erst Recht nicht zum Sachverhalt instruierten Vertreter gem. § 141 ZPO, war die Verhängung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 1.000,-- EUR angemessen und angezeigt.

Bei der Bemessung des Ordnungsgeldes durfte sowohl die wirtschaftliche Leistungskraft und die bei großen Versicherungsunternehmen samt deren Vorständen geminderte Ordnungsgeldempfindlichkeit als auch das beharrliche und anhaltende Ignorieren der Klägerin gegenüber den gerichtlichen Anordnungen zum persönlichen Erscheinen berücksichtigt werden.“

Anmerkung

Leider ergibt sich aus dem Beschluss nicht, wie das (Hauptsache-)Verfahren vor dem Landgericht ausgegangen ist. Denn bei Ordnungsgeldbeschlüssen gem. § 141 ZPO Abs. 3 ZPO besteht m.E. immer die Gefahr, dass diese als Mittel richterlicher „Disziplinierung" ge-/missbraucht werden. Es wäre vielleicht ebenso schmerzhaft für die Versicherung gewesen, wenn das Gericht die Klage ganz einfach mit der Begründung abgewiesen hätte, die Sachverhaltsaufklärung sei wegen des Fernbleibens eben lückenhaft geblieben (s. dazu OLG München, Beschl. v. 05.09.1995 - 28 W 2329/95).

Anmerkung/Besprechung, OLG Stuttgart, Beschluss vom 26.11.2014 – 7 W 63/14.