Stellungnahmefrist und Sachverständigengutachten - Auch fünf Wochen sind nicht immer ausreichend
Entscheidung
Der BGH hat das Urteil wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aufgehoben, weil das Gericht dem Fristverlängerungsantrag hätte stattgeben müssen:„Die von dem Berufungsgericht gesetzten Fristen waren objektiv nicht ausreichend, weil der Beklagten Gelegenheit hätte gegeben werden müssen, das Ergänzungsgutachten mit Hilfe eines Privatgutachters überprüfen zu lassen und sich auf die Befragung des Sachverständigen vorzubereiten.
(1) Die Beklagte hat innerhalb der gesetzten Frist erste Einwendungen gegen das Gutachten erhoben und mitgeteilt, dass sie dieses durch einen Privatgutachter überprüfen und von diesem Einwendungen und Fragen an den Sachverständigen formulieren lassen wolle. Hierzu hätte sie Gelegenheit erhalten müssen, weil das Gutachten, vor allem durch die verschiedenen Bezugnahmen, umfangreich war, die erstmals durchgeführten Bohrungen auswertete und eine von dem Ergebnis der Beweisaufnahme in der ersten Instanz abweichende, für die Beklagte nachteilige Beurteilung der Kausalitätsfrage enthielt. (…)
(2) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war der Beklagten nicht aufgrund eigener Sachkunde zuzumuten, Einwendungen gegen das Ergänzungsgutachten ohne sachverständige Unterstützung zu formulieren. Die von dem Berufungsgericht angeführte unternehmerische Tätigkeit der Beklagten belegt allein nicht, dass diese hierzu in der Lage gewesen wäre. Selbst wenn die Beklagte aufgrund ihrer Tätigkeit im Baugewerbe häufig Bodengutachten zu berücksichtigen haben sollte, begründete dies nicht die Annahme, dass sie in der Lage wäre, ein solches Gutachten nach Methodik und wissenschaftlichen Grundlagen zu überprüfen.
cc) Das Berufungsgericht durfte die beantragte Fristverlängerung auch nicht wegen einer „Prozessverschleppung“ verweigern unter Verweis darauf, dass die Beklagte die von dem Sachverständigen für hilfreich erachteten Bohrprofile erst im Laufe des Rechtsstreits vorgelegt und den Vorschuss für die Ladung des Sachverständigen nicht auflagengemäß eingezahlt habe. (…)
(a) Soweit das Berufungsgericht der Beklagten vorhält, sie habe die von ihr erstellten Bohrprofile, deren Nichtvorlage der Sachverständige bereits im selbständigen Beweisverfahren in seiner Stellungnahme vom 8. April 2013 moniert habe, erst mit Schriftsatz vom 25. August 2016 vorgelegt, begründet dies den Vorwurf der Prozessverschleppung nicht.
Dies folgt schon daraus, dass es sich bei den Baugrundaufschlüssen (Bohrprofilen), deren Vorlage der Sachverständige im selbständigen Beweisverfahren als hilfreich bezeichnet hat, nicht um ein Verteidigungsmittel handelt, das die Beklagte aufgrund ihrer Prozessförderungspflicht aus § 282 Abs. 1 ZPO von sich aus zeitig vorzulegen gehabt hätte, sondern um sonstige in ihrem Besitz befindliche Urkunden, zu deren Vorlage sie allenfalls aufgrund einer gerichtlichen Anordnung nach § 142 ZPO verpflichtet sein konnte.
Die Beschwerde rügt zu Recht, dass die Beklagte weder durch das Landgericht noch durch das Berufungsgericht aufgefordert worden ist, entsprechende Aufzeichnungen vorzulegen.
(b) Das Berufungsgericht durfte die Fristverlängerung auch nicht deswegen ablehnen, weil die Beklagte den für die Ladung des gerichtlichen Sachverständigen angeforderten Vorschuss nicht eingezahlt hat. Eine Verzögerung des Verfahrens im Sinne des § 296 Abs. 2 ZPO durch die nicht fristgerechte Einzahlung des Auslagenvorschusses kann hier nicht angenommen werden, weil ohne jeden Aufwand erkennbar ist, dass die Verspätung allein nicht kausal für eine Verzögerung ist (…).
Da der Beklagten die beantragte Fristverlängerung bis zum 2. Mai 2017 für die Stellungnahme zu dem Ergänzungsgutachten zu bewilligen war, hätte der Termin vom 29. März 2017 auch bei rechtzeitiger Einzahlung des Auslagenvorschusses nicht aufrecht erhalten werden können.“