Entscheidung
Der Bundesgerichtshof fasst sich äußerst kurz und weist den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurück:
„Der Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass sie verhindert war, die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten (§§ 233, 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Die Klägerin hat nach ihrem eigenen Vortrag innerhalb der Frist deshalb keine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, weil sie das Verfahren nur unter der Voraussetzung durchführen wollte, dass ihre Rechtsschutzversicherung eine Deckungszusage erteilt, und letztere dies abgelehnt hatte. Die Klägerin hat nicht geltend gemacht, wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage gewesen zu sein, das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auf eigene Kosten durchzuführen. Sie hat insbesondere keinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingereicht […].
Bei dieser Sachlage kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin nur deshalb keine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hat, weil sie das Kostenrisiko nicht tragen wollte. Dies begründet aber keinen Hinderungsgrund im Sinne des § 233 ZPO.“
Anmerkung
Nach der – mit der Entscheidung nochmals gefestigten – Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, muss eine nicht i.S.d. §§ 114, 115 ZPO bedürftige Partei unabhängig von einer Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung das Rechtsmittel fristgerecht einlegen. Eine bedürftige Partei muss immer gleichzeitig mit der Deckungsanfrage auch noch einen PKH-Antrag stellen, um sich die Möglichkeit der Wiedereinsetzung gem. § 233 ZPO zu erhalten (vgl. BGH, Beschluss vom 04.10.1990 – IV ZB 5/90). Erteilt die Rechtsschutzversicherung dann eine Deckungszusage, muss die Partei das Rechtsmittel einlegen, der PKH-Antrag wird gegenstandslos.
Deshalb muss nach dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Berufungsgericht – selbst wenn die Rechtsschutzversicherung später eine Deckungszusage erteilt – auch die Bedürftigkeit noch prüfen, weil nur dann nach Erteilung der Deckungszusage Wiedereinsetzung gewährt werden kann.
Ob das wirklich sinnvoll ist, ließe sich m.E. durchaus in Frage stellen. Denn Rechtsschutzversicherungen entlasten den Staat ganz erheblich, weil sie Prozesse finanzieren, die sonst auf PKH-Basis geführt würden. Und bei höheren Streitwerten (hier muss der Streitwert über 20.000 EUR gelegen haben, vgl. § 26 Ziff. 8 EGZPO) ist ein erheblicher Teil der Bevölkerung bedürftig i.S.d. § 115 ZPO. Man könnte daher aus prozessökonomischen Gründen auch erwägen, eine rechtzeitige Deckungsanfrage an die Rechtsschutzversicherung ausreichen zu lassen, um die Möglichkeit der Wiedereinsetzung gem. § 233 ZPO zu erhalten.
tl;dr: Es begründet keinen Hinderungsgrund im Sinne des § 233 ZPO, dass die Rechtsschutzversicherung die Erteilung einer Deckungszusage (noch) nicht erteilt hat.
Anmerkung/Besprechung, BGH, Beschluss vom 24.11.2015 – VI ZB 567/15. Foto:
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