Leitsatzmappe 5

Trotz Corona-Krise wird es mal wieder Zeit für eine „Leitsatzmappe“, also eine Sammlung aller Entscheidungen, die ich interessant finde, aber die ihren Weg sonst ins Blog nicht finden würden. Die Liste ist angesichts der seit dem letzten Mal verstrichenen Zeit dieses Mal ziemlich lang geworden.

Verfahren im Allgemeinen

Zur Zulässigkeit einer Erklärung mit Nichtwissen seitens des unmittelbar in Anspruch genommenen Kfz-Haftpflichtversicherers hinsichtlich der Darstellung des Unfallhergangs durch den Geschädigten. (BGH, Urteil vom 23. Juli 2019 – VI ZR 337/18) Ein richterlicher Hinweis darauf, dass das Gericht an einer entscheidungserheblichen Rechtsauffassung nicht mehr festhalten will, kann auch dann geboten sein, wenn das Gericht diese Rechtsauffassung in einem früher zwischen den Parteien geführten Rechtsstreit vertreten hat und eine Partei in einem weiteren zwischen den Parteien geführten Rechtsstreit, für das Gericht erkennbar, davon ausgeht, dass das Gericht auch in diesem Verfahren keine abweichende Auffassung vertreten werde. (BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2019 – II ZR 451/18) Beantragen die Parteien einvernehmlich die Verlegung eines Verkündungstermins, weil sie ernsthafte Vergleichsgespräche führen wollen, ist regelmäßig ein erheblicher Grund im Sinne von § 227 Abs. 1 ZPO gegeben; das Gericht darf bei dieser Sachlage jedenfalls keine Endentscheidung verkünden, sondern es muss den Termin verlegen und den Parteien zumindest Gelegenheit geben, gemäß § 251 ZPO das Ruhen des Verfahrens zu beantragen. (BGH, Urteil vom 13. Dezember 2019 – V ZR 152/18) Die Erklärung eines Geständnisses i.S.d. § 288 ZPO muss nicht notwendig ausdrücklich als „Geständnis“ abgegeben werden. Entscheidend ist, ob in der Erklärung ein Geständniswille zum Ausdruck kommt, d.h. der Wille, die Tatsachenbehauptung endgültig gegen sich gelten lassen zu wollen. Hierfür kann auch die Erklärung einer Hauptaufrechnung genügen. (OLG Celle, Urteil vom 18. September 2019 – 14 U 30/19) Auch nach einem unwirksamen Prozessvergleich ist eine neue Klage über denselben Streitgegenstand zulässig, wenn sich die Gegenseite nicht darauf beruft, das Ursprungsverfahren müsse fortgesetzt werden. (OLG Dresden, Beschluss vom 30. Juli 2019 – 4 U 1595/19) Im Falle einer einseitigen Erledigungserklärung ist im Richterablehnungsverfahren in entsprechender Anwendung von § 91 a ZPO über die Kosten der sofortigen Beschwerde zu entscheiden. (OLG Koblenz, Beschluss vom 21.06.2019 – 4 W 136/19) Versendet ein Rechtsanwalt fristwahrende Schriftsätze auf elektronischem Wege, muss er bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt mittels geeigneter Software für die Anzeige der automatisierten Empfangsbestätigung (§ 130a Abs. 5 ZPO) sorgen bzw. das für die Fristverlängerungsgesuche per beA zuständige Personal dahingehend belehren, dass bei Übermittlung von Daten per beA stets der Erhalt der Eingangsbestätigung zu kontrollieren ist, und er muss diesbezüglich zumindest stichprobenweise Überprüfungen durchführen. (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 04. Oktober 2019 – 2 U 117/19)
  1. Hat der Kläger bereits in erster Instanz gemäß § 110 ZPO Sicherheit für die Prozesskosten der ersten und zweiten Instanz geleistet, kommt im Berufungsverfahren die Anordnung einer weiteren Sicherheitsleistung grundsätzlich nur für die Kosten des Verfahrens über die Zulassung der Revision in Betracht.

  2. Für die Kosten der Nebenintervention ist eine Sicherheit nach § 110 ZPO jedenfalls dann nicht zu leisten, wenn es sich um eine nicht streitgenössische Nebenintervention handelt.

(OLG Frankfurt, Urteil vom 08. November 2019 – 6 U 79/19) Ist der anwaltlich vertretene Krafthaftpflichtversicherer dem nicht durch einen eigenen Rechtsanwalt vertretenen mitverklagten Halter im Prozess beigetreten, ermöglicht dies die Parteianhörung des Halters nach § 141 ZPO, weil dann auch in Bezug auf den Halter streitig verhandelt wird (OLG Hamm, Urteil vom 22. November 2019 – 9 U 93/19)

  1. Ansprüche können im Urkundsprozess und im ordentlichen Verfahren im Wege der objektiven Klagehäufung im Sinne des § 260 ZPO nebeneinander geltend gemacht werden.

  2. Voraussetzungen einer Zug-um-Zug-Verurteilung im Urkundsprozess.

(OLG Rostock, Urteil vom 14. November 2019 – 3 U 28/18) Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgte Streitbeitritt ist nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn der Beitretende zum Zeitpunkt der Beitrittserklärung sicher weiß, dass die unterstützte Partei im Rechtsstreit unterliegen wird. (OLG Dresden, Urteil vom 28. Januar 2020 – 4 U 559/17) In Arzthaftungssachen kommt eine Aussetzung mit Blick auf ein gegen den Arzt anhängiges Strafverfahren regelmäßig nicht in Betracht. (OLG Dresden, Beschluss vom 15. August 2019 – 4 W 653/19) Fällt erstens das Ereignis, das den Klageanlass wegfallen lässt, bzw. das erledigende Ereignis, auf denselben Tag wie der Eintritt der Rechtshängigkeit und lässt sich zugleich zweitens nicht oder nicht ohne erheblichen Aufwand feststellen, ob dieses Ereignis oder aber der Eintritt der Rechtshängigkeit zuerst erfolgt, kann entsprechend § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes entschieden werden. (LG Wuppertal, Beschluss vom 12. Dezember 2019 – 1 O 83/19) Haben die Parteien in einer Mietaufhebungsvereinbarung eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen, so ist die Klage auf Zahlung der (künftigen) Raten zulässig nach § 257 ZPO, da der Mieter nicht von einer Gegenleistung abhängige Geldforderungen schuldet, deren Geltendmachung an den Eintritt eines Kalendertages geknüpft ist. (LG Dortmund, Urteil vom 27. August 2019 – 23 O 144/18)

Zuständigkeit/Verweisung

Bei rechtsfehlerhafter, gleichwohl wirksamer Verweisung (hier: Sozialrechtsweg statt eigentlich eröffnetem Verwaltungsrechtsweg) haben die aufgrund dessen zur Entscheidung berufenen Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit das einschlägige materielle Recht anzuwenden, während sie in prozessualer Hinsicht das Verfahren nach ihrer Prozessordnung (SGG) fortzusetzen haben. (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 11. Dezember 2019 – L 3 AS 3321/19)

Beweisrecht

Die mit einer Beweisanordnung verbundene Fristsetzung kann nicht mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden. (OLG Dresden, Beschluss vom 10. Oktober 2019 – 4 W 785/19) Eine Partei hat das Recht, zu einem Ortstermin im Bauprozess einen Privatsachverständigen hinzuzuziehen. Wird diesem die Teilnahme nicht gestattet, ist die Durchführung des Ortstermins grundsätzlich verfahrensfehlerhaft. Dieser Verfahrensfehler des Sachverständigen rechtfertigt jedoch nicht ohne weiteres die Besorgnis der Befangenheit. (LG Flensburg, Beschluss vom 05. September 2018 – 2 OH 26/17) Weigert sich eine Partei, einen von der Gegenseite angebotenen Zeugen von dessen Schweigepflicht zu entbinden und fehlen für eine solche Versagung triftige Gründe, ist die Verweigerung im Rahmen der Beweiswürdigung zu ihren Lasten zu berücksichtigen. (OLG Dresden, Beschluss vom 19. Dezember 2019 – 4 U 1902/19)

Selbständiges Beweisverfahren

Gegen die Ablehnung, den gerichtlich bestellten Sachverständigen anzuweisen, eine Bauteilöffnung vorzunehmen, ist im selbständigen Beweisverfahren ein Rechtsmittel nicht gegeben. (BGH, Beschluss vom 15. Januar 2020 – VII ZB 96/17) Die Entscheidung des Gerichts in einem selbstständigen Beweisverfahren, ob und welche Anweisungen an den Sachverständigen erteilt werden, unterliegt grundsätzlich nicht der sofortigen Beschwerde. (OLG Frankfurt, Beschluss vom 29. August 2019 – 8 W 29/19)
  1. Eine sofortige Beschwerde im Arzthaftungsbeweisverfahren ist unzulässig, soweit sie sich gegen eine begehrte Verfahrensanordnung auf Beiziehung von Behandlungsunterlagen durch das Gericht oder den Sachverständigen oder die ausdrückliche Anordnung einer körperlichen Untersuchung richtet. Beweisbeschlüsse – auch im selbstständigen Beweisverfahren – sind insoweit grundsätzlich nicht selbstständig anfechtbar, sondern nur in Verbindung mit einem Rechtsmittel in der Hauptsache.

  2. Beweisfragen an den Sachverständigen, ob es eine gleichwertige Behandlungsalternative zu dem tatsächlich erfolgten Eingriff gab, sind im Beweisverfahren zuzulassen, da diese Frage der Begutachtung durch den Sachverständigen zugänglich ist und sinnvollerweise nur durch ihn beantwortet werden kann. Die Klärung dieses Punktes ist i.S.v. § 485 Abs. 2 S. 2 ZPO grundsätzlich geeignet, einen Rechtsstreit zu vermeiden und es spricht nichts dagegen, einen konkret bezeichneten Aufklärungsfehler im selbstständigen Beweisverfahren „miterledigen zu lassen“.

  3. Die Frage, ob ein Patient tatsächlich über bestehende Behandlungsalternativen aufgeklärt wurde, ist nicht durch einen Sachverständigen zu klären und kann daher nicht Gegenstand des Arzthaftungsbeweisverfahrens sein.

(OLG Köln, Beschluss vom 16. August 2019 – 5 W 24/19) Gegenstand eines selbstständigen Beweisverfahrens können auch die auf ein Grundstück einwirkenden Geräuschimmissionen sein. (OLG Hamm, Beschluss vom 14. November 2019 – I-24 W 4/19)

Ablehnung

Eine Ablehnung wegen Befangenheit gemäß § 42 Abs. 2 ZPO kann begründet sein, wenn ein Richter in einem Verfahren zwar nicht selbst Partei ist, aber über den gleichen Sachverhalt zu entscheiden hat, aus dem er selbst Ansprüche gegen eine Partei geltend macht. (BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2019 – II ZB 14/19) Die Besorgnis der Befangenheit i.S.v. § 42 Abs. 2 ZPO ist begründet, wenn der abgelehnte Richter als Mitglied des Berufungsgerichts über die Berufung der ihn ablehnenden Partei gegen ein durch seine Ehefrau als Einzelrichterin ergangenes Urteil zu entscheiden hat. (BGH, Beschluss vom 27. Februar 2020 – III ZB 61/19) Die seit dem 1. Januar 2020 geltende Regelung des § 44 Abs. 4 S. 2 ZPO ist auch in laufenden Verfahren anzuwenden. Ein nicht unverzüglich angebrachtes Ablehnungsgesuch ist als unzulässig zu verwerfen. (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 25. Februar 2020 – 12 UF 27/19)

Einstweiliger Rechtsschutz

  1. Über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, der auf ein Patent oder Gebrauchsmuster gestützt wird, ist in der Regel mündlich zu verhandeln. Dem Antragsgegner muss ausreichend Gelegenheit gegeben werden, zur Verletzungsfrage und zum Rechtsbestand Stellung nehmen zu können.

  2. Entspricht die Verfahrensgestaltung in erster Instanz nicht den Anforderungen an das rechtliche Gehör, beruht das landgerichtliche Urteil nicht (mehr) auf diesem Verstoß, wenn der Antragsgegner bis zur Verhandlung in zweiter Instanz hinreichend Gelegenheit hatte, sich mit der Verletzungsfrage und der Schutzrechtslage zu befassen und hierzu vorzutragen (wie OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. Februar 2019 - 15 U 45/18, BeckRS 2019, 5570).

  3. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung, gestützt auf ein Patent oder ein Gebrauchsmuster kommt nur in Betracht, wenn sowohl die Frage der Patentverletzung als auch der Rechtsbeständigkeit des Verfügungsschutzrechts eindeutig zugunsten des Antragstellers zu bejahen ist.

  4. War das Verfügungsschutzrecht noch nicht Gegenstand eines zweiseitigen Rechtsbestandsverfahrens kommt der Erlass einer einstweiligen Verfügung nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht (Änderung der Rechtsprechung des Senats seit dem Urteil vom 26. Juli 2012 - 6 U 1260/12, BeckRS 2012, 16104).

(OLG München, Urteil vom 12. Dezember 2019 – 6 U 4009/19)

Fristen

Bei einem Fristverlängerungsantrag, der sich bis zu einem bestimmten Datum richtet, ist regelmäßig nicht anzunehmen, dass abweichend vom Wortlaut eine nach den jeweiligen Vorschriften grundsätzlich mögliche weitergehende Fristverlängerung begehrt wird (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 11. November 1993 - VII ZB 24/93, NJW-RR 1994, 568 unter II 1 a). (BGH, Beschluss vom 26. November 2019 – VIII ZA 4/19) Der Rechtsmittelführer darf die Verlängerung der Frist zur Berufungsbegründung nur dann erwarten, wenn es sich um den ersten Verlängerungsantrag handelt und er in dem Antrag erhebliche Gründe für die beantragte Verlängerung darlegt. Der Wendung, der Antrag werde „vorsorglich“ gestellt, ist nicht zu entnehmen, aus welchen Gründen eine Verlängerung begehrt wird. (BGH, Beschluss vom 20. August 2019 – X ZB 13/18) Ist im Falle einer nachträglichen Berichtigung des Berufungsurteils die richtige Partei erst aus dem Berichtigungsbeschluss erkennbar, beginnt die Revisionsfrist ausnahmsweise erst mit dessen Zustellung (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 23. April 1955 - VI ZB 4/55, BGHZ 17, 149, 151 f.; Urteil vom 10. März 1981 - VI ZR 236/79, VersR 1981, 548 unter II 1; Beschluss vom 17. Januar 1991 - VII ZB 13/90, BGHZ 113, 228, 231). (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2019 - VIII ZR 332/18) Eine Partei darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass im Bundesgebiet werktags – innerhalb der Briefkastenleerungszeiten – aufgegebene Postsendungen am folgenden Werktag ausgeliefert werden. Ohne konkrete Anhaltspunkte muss ein Rechtsmittelführer deshalb nicht mit Postlaufzeiten rechnen, die die ernsthafte Gefahr der Fristversäumung begründen (Anschluss BGH, Beschluss vom 23. Januar 2019 - VII ZB 43/18, NJW-RR 2019, 500). (BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2019 - VI ZB 19/19) Legt der Rechtsmittelführer trotz entsprechenden gerichtlichen Hinweises erst nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Verwerfung der Berufung dar, dass er rechtzeitig die Verlängerung der Begründungsfrist beantragt hat, lässt das die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung unberührt. (BGH, Beschluss vom 26. Februar 2020 – XII ZB 402/19) Wenn das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommt, dass die anwaltliche und eidesstattliche Versicherung des Prozessbevollmächtigten einer Partei keinen vollen Beweis für die fristgerechte Einreichung der Berufungsbegründung erbringt, hat es die Partei darauf hinzuweisen und ihr Gelegenheit zu geben, Zeugenbeweis anzutreten oder auf andere Beweismittel zurückzugreifen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 - VI ZB 80/06, NJW 2007, 3069 und BGH, Beschluss vom 16. Januar 2007 - VIII ZB 75/06, NJW 2007, 1457). Allein der Hinweis, dass das Berufungsgericht im Freibeweisverfahren entscheiden will, genügt dafür nicht. (BGH, Beschluss vom 28. Januar 2020 – VI ZB 38/17) Wenn der prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt die Aufgabe der Fristwahrung auf einen anderen, lediglich zuarbeitenden Rechtsanwalt überträgt, muss er diesen anderen Anwalt anleiten und kontrollieren. Diese Kontrolle muss besonders engmaschig sein, wenn dem Prozessbevollmächtigten bekannt ist, dass der zuarbeitende Rechtsanwalt schon zuvor im Parallelverfahren Berufungsbegründungsfrist versäumt hat. Andernfalls trifft den prozessbevollmächtigten Anwalt ein der Partei zuzurechnendes Organisationsverschulden. (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 14. Oktober 2019 – 11 U 67/19) Scheitert die Übertragung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Telefax, ist der Rechtsanwalt nicht verpflichtet, den Schriftsatz über das besondere elektronische Anwaltspostfach zu versenden. (LG Mannheim, Beschluss vom 17. Januar 2020 – 1 S 71/19)

Rechtsmittelverfahren

Eine falsche oder ungenaue Bezeichnung des Rechtsmittelklägers in der Rechtsmittelschrift kann behoben werden, wenn der richtige Rechtsmittelkläger aufgrund weiterer Erkenntnismöglichkeiten innerhalb der Rechtsmittelfrist zweifelsfrei erkennbar wird, beispielsweise im Wege der Auslegung der Rechtsmittelschrift und der im Zeit-punkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist vorliegenden sonstigen Unterlagen, etwa der zwischenzeitlich eingegangenen Instanzakten (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 13. Januar 2004 - VI ZB 53/03, NJW-RR 2004, 572 unter II 1 b aa). Die Vorschrift des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO verlangt, dass die Berufungsbegründungsschrift ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig erkennen lässt, in welchem Umfang und mit welchem Ziel das Urteil der ersten Instanz angefochten werden soll (im Anschluss an Senatsurteil vom 22. März 2006 - VIII ZR 212/04, NJW 2006, 2705 Rn. 8; BGH, Beschlüsse vom 31. August 2010 - VIII ZB 13/10, WuM 2011, 48 Rn. 7; vom 10. Juni 2015 - XII ZB 611/14, NJW-RR 2015, 963 Rn. 10; vom 1. Juni 2017 - III ZB 77/16, NJW-RR 2017, 1341 Rn. 8; jeweils mwN). Das ist aber bereits dann der Fall, wenn die Berufungsbegründung den Schluss auf die Weiterverfolgung des erstinstanzlichen Begehrens zulässt (im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 2. Februar 2012 - V ZB 184/11, NJW-RR 2012, 397 Rn. 6; vom 29. März 2012 - V ZB 176/11, juris Rn. 6; vom 26. Juni 2019 - VII ZB 61/18, juris Rn. 9). (BGH, Beschluss vom 20. August 2019 – VIII ZB 29/19)
  1. Die Regelung des § 555 Abs. 3 ZPO ist nicht auf Fälle beschränkt, in denen das Anerkenntnis erst nach Beginn der mündlichen Revisionsverhandlung erklärt worden ist.

  2. Besteht der Kläger nach Anerkenntnis der beklagten Partei im Revisionsverfahren auf einer streitigen Entscheidung, unterliegt der Vortrag der beklagten Partei, sie habe die Klageforderung nach Erlass des Berufungsurteils erfüllt, gemäß § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht der Beurteilung des Revisionsgerichts. Das gilt auch dann, wenn die Erfüllung unstreitig ist.

(BGH, Urteil vom 14.08.2019 – IV ZR 279/17) Die zur Auskunftserteilung oder Rechnungslegung verurteilte Partei ist nur insoweit beschwert, als sie durch das Urteil zu (zusätzlichen) Leistungen verpflichtet wird. Demgegenüber bleibt bereits vor dem Urteil von der Partei vorgenommener Aufwand außer Betracht, auch wenn auf ihn zur Erfüllung der titulierten Verpflichtung teilweise zurückgegriffen werden kann. (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2019 – III ZB 28/19)

  1. Der Formmangel der fehlenden Unterzeichnung der Beschwerdeschrift kann bis zum Ablauf der Beschwerdefrist behoben werden; hierzu genügt ein vom Beschwerdeführer oder dessen Bevollmächtigten eigenhändig unterzeichnetes Schreiben, welches eindeutig auf die Beschwerdeschrift Bezug nimmt.

  2. Die Heilung der fehlerhaften Zustellung einer Entscheidung kommt nur dann in Betracht, wenn eine formgerechte Zustellung von dem Gericht wenigstens angestrebt worden ist; an diesem Zustellungswillen fehlt es, wenn sich das Gericht von vornherein bewusst dafür entscheidet, von der förmlichen Zustellung der Entscheidung an den Beteiligten abzusehen, und die schriftliche Bekanntgabe durch Aufgabe zur Post anordnet.

(BGH, Beschluss vom 19. Februar 2020 – XII ZB 291/19) Die Berufungsbegründung hat, wenn sie die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) rügt, gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO zur Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensfehlers darzulegen, was bei Gewährung des rechtlichen Gehörs vorgetragen worden wäre und dass nicht auszuschließen ist, dass dieser Vortrag zu einer anderen Entscheidung des Erstgerichts geführt hätte. Dieser Darlegung bedarf es nur dann nicht, wenn die Entscheidungserheblichkeit der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör unmittelbar und zweifelsfrei aus dem bisherigen Prozessstoff ersichtlich ist (im Anschluss an BGH Beschluss vom 28. Juli 2016 - III ZB 127/15, NJW 2016, 2890). (BGH, Beschluss vom 12. Februar 2020 – XII ZB 445/19)

  1. Der Wert des Beschwerdegegenstandes bemisst sich im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert, sowie einem Geheimhaltungsinteresse des Auskunftspflichtigen.

  2. Das Risiko, wegen einer (möglicherweise) falschen eidesstattlichen Versicherung mit einem Strafverfahren oder Schadensersatzansprüchen überzogen zu werden, ist bei der Wertbemessung nicht zu berücksichtigen.

  3. Zur Frage, ob bei der Wertbemessung Kosten zu berücksichtigen sind, die wegen der Hinzuziehung eines Anwalts zur Überprüfung der eidesstattlich zu versichernden Auskünfte entstanden sind

(OLG Frankfurt, Beschluss vom 11. Dezember 2019 – 13 U 310/19) Legen namens der unterlegengen Partei zwei Prozessbevollmächtigte unabhängig voneinander Berufung ein und nimmt einer von ihnen später „die Berufung“ ohne einschränkenden Zusatz zurück, so bewirkt dies den Verlust des Rechtsmittels. (OLG Hamm, Beschluss vom 17. September 2019 – 9 U 69/19) a) Ein durch die Vollstreckung drohender Verlust der wirtschaftlichen Existenzgrundlage des Schuldners kann als nicht zu ersetzender Nachteil im Sinne der §§ 707, 719 ZPO die Einstellung der Zwangsvollstreckung rechtfertigen. b) Auch wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren erstinstanzlichen Urteil einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, ist die Einstellung der Zwangsvollstreckung weder zwingende noch regelmäßige Folge des Einstellungsantrags. Das Berufungsgericht hat vielmehr die Interessen des Gläubigers und des Schuldners abzuwägen und darf dem Einstellungsantrag nur entsprechen, wenn nach seiner Würdigung aller Umstände und unter Berücksichtigung der gesetzlichen Wertung, die dem Gläubiger grundsätzlich gestattet, aus dem nicht rechtskräftigen Urteil zu vollstrecken, die schutzwürdigen Interessen des Schuldners diejenigen des Gläubigers überwiegen. Dabei sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels zu berücksichtigen, soweit im Rahmen der Prüfung des Einstellungsantrags hierzu hinreichend zuverlässige Erkenntnisse zu gewinnen sind. c) Ist das Unternehmen des Schuldners auf die Verwertung eines einzigen Schutzrechts beschränkt und verfügt das Unternehmen darüber hinaus über keine weiteren Vermögenswerte, auf die in der Zwangsvollstreckung zugegriffen werden könnte, ist es regelmäßig nicht angezeigt, den Schuldner von den Risiken einer solchen Unternehmensausrichtung in der Weise freizustellen, dass dieser einzige Vermögenswert jedem Zugriff im Wege der vorläufigen Vollstreckung entzogen wird. (BGH, Beschluss vom 6. August 2019 – X ZR 97/18)

  1. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist die versäumte Prozesshandlung in der für sie vorgeschriebenen Form nachzuholen. Hat es der Rechtsmittelführer versäumt, eine unterschriebene und damit wirksame Rechtsmittelbegründung einzureichen, hat er somit bis zum Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist einen unterschriebenen Begründungsschriftsatz nachzureichen.

  2. Die Rechtsprechung zur ausnahmsweisen Wirksamkeit nicht unterzeichneter Rechtsmittelbegründungsschriften (Senatsbeschlüsse vom 15. Juni 2004 - VI ZB 9/04, VersR 2005, 136, 137, juris Rn. 4; vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 46/03, juris Rn. 4; BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086, 2088, juris Rn. 20 f.; Beschlüsse vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, juris Rn. 6, 11; vom 20. März 1986 - VII ZB 21/85, BGHZ 97, 251, 254, juris Rn. 14) ist auf die Nachholung einer Berufungsbegründung im Zusammenhang mit einem Wiedereinsetzungsantrag nach Einreichung einer mangels Unterzeichnung unwirksamen Begründung nicht übertragbar.

(BGH, Beschlüsse vom 15. Oktober 2019 – VI ZB 22/19 und VI ZB 23/19) Der Kläger wird durch den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung im Tenor des klagestattgebenden Urteils nicht beschwert. (Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14. Mai 2019 – 1 U 15/19)

Vollstreckungsrecht

Die Aufenthaltsermittlung gemäß Modul L der Anlage zur Gerichtsvollzieherformular-Verordnung stellt keine selbständige Maßnahme der Zwangsvollstreckung, sondern lediglich eine den Gerichtsvollzieher bei den ihm zugewiesenen Vollstreckungsmaßnahmen unterstützende Hilfsbefugnis dar (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 21. Juni 2017 - VII ZB 5/14, NJW-RR 2017, 960 Rn. 7 mwN). Nach ihrer Vornahme endet der dem Gerichtsvollzieher erteilte Vollstreckungsauftrag daher nicht schon durch die Rückgabe der Vollstreckungsunterlagen an den Gläubiger. (BGH, Beschluss vom 4. Juli 2019 – I ZB 71/18) Enthält ein vollstreckbarer Titel eine Kostengrundentscheidung zu Gunsten oder zu Lasten des Zwangsverwalters, ist der Zwangsverwalter in dem nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren ohne weiteres (aktiv oder passiv) prozessführungsbefugt, und zwar auch dann, wenn die Zwangsverwaltung vor Einleitung des Rechtsstreits, während des laufenden Prozesses oder nach Abschluss des Erkenntnisverfahrens aufgehoben worden ist. (BGH, Beschluss vom 27. Juni 2019 – V ZB 27/18) Die Entstehung einer Steuerschuld, welche der Schuldner begleichen möchte, ist in der Regel kein ausreichender Grund für die Erhöhung des unpfändbaren Betrages. (BGH, Beschluss vom 19. September 2019 – IX ZB 2/18) Durch die Vorlage eines vollstreckbaren Auszugs aus der Insolvenztabelle kann der Gläubiger den Nachweis einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung für das Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO führen, wenn sich daraus ergibt, dass eine solche Forderung zur Tabelle festgestellt und vom Schuldner nicht bestritten worden ist. (BGH, Beschluss vom 04. September 2019 – VII ZB 91/17)
  1. Die Pfändungsschutzvorschrift des § 850i ZPO findet im Zwangsverwaltungsverfahren keine entsprechende Anwendung.

  2. Dem Schuldner sind im Zwangsverwaltungsverfahren Mittel für seinen Unterhalt nur nach Maßgabe von § 149 Abs. 3 ZVG und unter den dort genannten Voraussetzungen zur Verfügung zu stellen.

(BGH, Beschluss vom 10.10.2019 – V ZB 154/18) a) Ein nicht prozessfähiger Schuldner kann bei der Abgabe der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 51 Abs. 3 ZPO auch durch einen Vorsorgebevollmächtigten vertreten werden. b) Ein Vorsorgebevollmächtigter ist anders als ein gerichtlich bestellter Betreuer nicht verpflichtet, für einen nicht prozessfähigen Schuldner die Vermögensauskunft und die eidesstattliche Versicherung abzugeben. (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2019 – I ZB 60/18) Ein Beklagter gibt regelmäßig nicht schon dann Veranlassung zur Erhebung einer Widerspruchsklage, wenn er als Gläubiger im Verteilungstermin nicht erscheint und deshalb kraft Gesetzes vermutet wird, dass er einen seine in den Teilungsplan aufgenommenen Ansprüche betreffenden Widerspruch eines anderen Gläubigers nicht anerkennt. (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2019 - IX ZB 41/19) Eine Verbindlichkeit des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung wird von der Restschuldbefreiung erfasst, wenn der Gläubiger die Forderung nicht unter Angabe des Rechtsgrundes bis spätestens zum Schlusstermin zur Tabelle angemeldet hat; dies gilt auch für den Fall, dass der Schlusstermin im schriftlichen Verfahren durchgeführt wird. (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 - IX ZR 53/18) Arbeitslosengeld II-Leistungen, die der Schuldner erhält, sind bei einer erweiterten Pfändung (§ 850d ZPO) von Arbeitseinkommen unbeschadet des sich aus § 42 Abs. 4 Satz 1 SGB II ergebenden Pfändungsschutzes im Sinne einer Minderung des Pfändungsfreibetrags gemäß § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO zu berücksichtigen, sofern und soweit bei einer derartigen Berücksichtigung das sozialhilferechtliche Existenzminimum des Schuldners gesichert bleibt. (BGH, Beschluss vom 15. Januar 2020 - VII ZB 5/19)

  1. Das Verteilungsverfahren gemäß §§ 872 ff. ZPO ist gegenüber Herausgabeklagen gemäß § 5 Abs. 3 hessisches Hinterlegungsgesetz vorrangig, soweit es sich nicht um eine Hinterlegung gemäß § 372 BGB handelt.

  2. Der Gläubiger ist zur Durchsetzung seiner Rechte auf die in einem Verteilungsverfahren statthaften Rechtsbehelfe beschränkt.

(OLG Frankfurt, Beschluss vom 13. Januar 2020 – 13 U 168/18)

  1. Im Verfahren über die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung aus der Insolvenztabelle sind nur formelle Einwendungen zu prüfen.

  2. Inhaltliche Einwendungen wie die Bestätigung eines Insolvenzplanes in einem nachfolgenden Verfahren nach Rücknahme des Restschuldbefreiungsantrages sind nicht zu berücksichtigen und im Wege der Vollstreckungsgegenklage (§ ZPO § 767 ZPO) geltend zu machen

(AG Göttingen, Beschluss vom 09. Dezember 2019 – 74 IN 453/05)

Schiedsverfahrensrecht

Eine Zurückverweisung an das Schiedsgericht in direkter oder analoger Anwendung von § 1059 Abs. 4 ZPO kommt nicht in Betracht, wenn sie nur von einer Partei beantragt worden ist und der Aufhebungsgrund einer augenfälligen, gravierenden Verletzung des rechtlichen Gehörs einer Partei vorliegt (Fortführung von BGH, Beschluss vom 7. Juni 2018 I ZB 70/17, SchiedsVZ 2018, 318 Rn. 24). (BGH, Beschluss vom 18. Juli 2019 - I ZB 90/18) 1. Erklärt sich das von den Parteien bestimmte Schiedsgericht für unzuständig, führt das im Ergebnis zur Undurchführbarkeit des Schiedsverfahrens und zur (Wieder-)Eröffnung der staatlichen Gerichtsbarkeit.
  1. Wer sich im Schiedsverfahren mit Erfolg auf die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung berufen hat, verhält sich treuwidrig, wenn er sich später vor dem staatlichen Gericht auf die Schiedseinrede beruft. Ein solches widersprüchliches Verhalten läuft auf den Versuch hinaus, dem Gegner in jeder der beiden Verfahrensarten den Rechtsschutz abzuschneiden und ihn damit praktisch rechtlos zu stellen.
(OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06. Mai 2019 – 10 Sch 5/18)

Kosten und Streitwert

Wird durch einen Vergleich ein Anspruch der Klagepartei gegen einen Dritten mit abgegolten, kann dies zu einem Vergleichsmehrwert nur führen, wenn der Anspruch zuvor streitig war. (OLG München, Beschluss vom 15. Januar 2020 – 24 U 1530/19) Erklären die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt und gibt eine Partei dabei eine Kostenübernahmeerklärung ab, ist diese Kostenübernahmeerklärung – wie ein Anerkenntnis im Sinne des § 307 Satz 1 ZPO – als prozessuale Bewirkungshandlung nicht widerruflich. (OLG Hamm, Beschluss vom 22. August 2019 – 4 W 124/17)
  1. Für die bereits bei Insolvenzeröffnung angefallenen Gerichtskosten ist die Staatskasse ebenso Insolvenzgläubigerin wie für auf sie gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG übergegangene, vor Insolvenzeröffnung entstandene Rechtsanwaltsgebühren (Fortführung von BGH Beschlüsse vom 13. Oktober 2016 - IX ZR 250/16, NZI 2017, 62 und vom 28. Juni 2012 - IX ZR 211/11, NJW-RR 2012, 1465).

  2. Solche Insolvenzforderungen können nur im Rahmen des Insolvenzverfahrens und damit nicht im Wege einer verfahrenskostenhilferechtlichen Zahlungsanordnung geltend gemacht werden, so dass insoweit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens der nachträglichen Anordnung von Zahlungen im Änderungsverfahren nach § 120a ZPO entgegensteht.

(BGH, Beschluss vom 28. August 2019 – XII ZB 119/19) Bei wechselseitig eingelegten Berufungen, mit denen vom Kläger eine Erhöhung der Haftungsquote und vom Beklagten eine Herabsetzung der Haftungsquote angestrebt wird, findet § 45 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 GKG keine Anwendung. Es findet eine Addition der beiden Streitwerte gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GKG statt (gegen OLG Celle, Urt. v. 23. 1. 2008 – 14 U 98/07 – juris; OLG Celle, Urt. v. 6. 6. 2007 – 14 U 64/07 – juris; OLG Celle, Urt. v. 16. 6. 2007 – 14 U 202/06 – juris). (OLG Oldenburg, Beschluss vom 28.08.2019 – 1 U 19/19) Ein Antrag auf Gewährung einer Räumungsfrist (§§ 721, 794a ZPO) erhöht weder den Streitwert noch den Mehrwert eines Vergleichs. (LG Lübeck, Beschluss vom 28. Februar 2020 – 10 T 18/20)

Prozesskostenhilfe

Stützt der Anspruchsteller seinen Schadensersatzanspruch auf angeblich strafbares Verhalten des Anspruchsgegners, so ist die Abwehr dieses Anspruchs für den Anspruchsgegner grundsätzlich auch dann eine persönliche Angelegenheit im Sinne von § 1360a Abs. 4 Satz 1 BGB, wenn der Anspruch seine Grundlage in der beruflichen Tätigkeit des Anspruchsgegners findet. (BGH, Beschluss vom 27. August 2019 – VI ZB 8/18) Im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ist für eine Nebenintervention kein Raum. Eine sofortige Beschwerde des vermeintlichen Nebenintervenienten gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss ist unzulässig. (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. Oktober 2019 – 12 W 10/19)
  1. Für die Beurteilung des Vorliegens hinreichender Erfolgsaussichten einer Klage ist im Prozesskostenhilfeverfahren jedenfalls dann auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags (und nicht auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts) abzustellen, wenn die Entscheidung (pflichtwidrig) verzögert wurde.

  2. Dieser Zeitpunkt bleibt auch für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Beschwerdeverfahren maßgeblich.

(Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28. Oktober 2019 – 4 O 238/19) An einer Publikums-KG beteiligte Anleger sind „am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligte“ i.S.d. § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Deren Interesse an der Durchführung eines Gesellschafterinnenausgleichs im Rahmen der Liquidation der KG stellt kein "allgemeines Interesse" i.S.d. § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO dar, so dass die zu diesem Zwecke von der Liquidationsgesellschaft beantragte Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht kommt (Anschluss OLG München, 20. Februar 2019 - 7 W 178/19, juris; OLG Dresden, 6. März 2019 - 8 W 142/19 und OLG Jena, 5. Juli 2019 - 2 W 98/19). (OLG Köln, Beschluss vom 07. November 2019 – 4 W 51/19)

  1. Im Verfahrenskostenhilfebewilligungsverfahren ist nur der die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe Nachsuchende Beteiligter.

  2. Durch die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wird in die Rechtsstellung des Hauptsachegegners nicht eingegriffen.

  3. Eine Gehörsrüge des „Gegners“ wegen nicht eingeräumter Möglichkeit der Stellungnahme nach § 118 Abs. 1 S. 1 ZPO im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren ist nicht statthaft.

(OLG Bamberg, Beschluss vom 31. Januar 2020 – 2 WF 265/19) Es ist mutwillig im Sinne von § 114 ZPO, wenn eine klagende Partei ihren positiv zu bescheidenden Antrag auf Prozesskostenhilfe deshalb zurücknimmt und sodann erneut stellt, damit ein neuer Richter/eine neue Richterin das Klageverfahren erhält und nicht mehr der ursprüngliche Richter/die ursprüngliche Richterin, die sich mit dem ersten Prozesskostenhilfeverfahren bereits auseinandergesetzt hatte. (AG Bremen, Beschluss vom 27. Juni 2019 – 19 C 228/19) Foto: Thomas Martinsen on Unsplash

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