OLG Saarbrücken: PKH-Bewilligung erfasst vorangegangenes selbständiges Beweisverfahren nicht
Entscheidung
Die Beschwerde blieb erfolglos:„Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Prozesskostenhilfebewilligung für das Hauptsacheverfahren im konkreten Fall keine Befreiung von den im selbständigen Beweisverfahren angefallenen Gerichtskosten zur Folge.
Zwar sind diese Kosten, zu denen insbesondere die Gerichtsgebühren des selbständigen Beweisverfahrens und die darin angefallenen Sachverständigenkosten zählen, an sich den Gerichtskosten des nachfolgenden Hauptsacheverfahrens zuzuordnen (…). Sie werden jedoch vorliegend nicht von den Rechtswirkungen der Prozesskostenhilfebewilligung erfasst, weil es sich weder um rückständige noch um entstehende Gerichtskosten gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ZPO handelt.
1. Im Sinne dieser Vorschrift rückständig sind Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen), die im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Prozesskostenhilfebewilligung bereits fällig, aber noch nicht bezahlt waren (…). Das trifft auf die Gerichtskosten des selbständigen Beweisverfahrens (…) nicht zu, da diese durch die Vorschusszahlungen des Klägers und seiner Ehefrau in Höhe von insgesamt 11.050 Euro nahezu vollständig gedeckt waren. Auch die Beklagte macht insoweit nichts geltend.
Entstehende Gerichtskosten i.S. des § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ZPO sind solche, die erst künftig fällig werden, wobei es nicht darauf ankommt, ob sie von der Gerichtskasse bereits ausgezahlt wurden oder sonst schon angefallen sind. Abzustellen ist grundsätzlich auf das Eingangsdatum des Prozesskostenhilfeantrags und nicht auf das Datum der Bewilligungsentscheidung (…).
Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die Gerichtskosten des selbständigen Beweisverfahrens (…) nicht erst mit Erlass der in dem Hauptsacheverfahren ergangenen Kostengrundentscheidung am 10. März 2016 gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 GKG fällig geworden. Sie waren vielmehr bereits vor dem Eingang des Prozesskostenhilfeantrags am 20. August 2015 fällig. Die Gerichtskosten des selbständigen Beweisverfahrens werden grundsätzlich gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 5 GKG mit der Beendigung des Verfahrens fällig, sofern in diesem – wie regelmäßig und auch hier – keine Kostenentscheidung i.S. des § 9 Abs. 2 Nr. 1 GKG ergeht und nicht einer der in § 9 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 GKG geregelten Fälle vorliegt (…). Die Fälligkeit nach § 9 Abs. 2 Nr. 5 GKG tritt unabhängig davon ein, dass die Gerichtskosten des selbständigen Beweisverfahrens zugleich zu den – zumeist erst später abzurechnenden – Kosten der Hauptsache gehören (…).
Beendet ist das selbständige Beweisverfahren mit der Bekanntgabe des durch das Gericht eingeholten Gutachtens an die Parteien, jedenfalls aber dann, wenn innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach der Bekanntgabe oder einer etwaigen mündlichen Anhörung des Sachverständigen durch keine Partei ein Ergänzungsantrag gestellt wird (…). Andernfalls ist das Beweisverfahren mit der sachlichen Erledigung des Ergänzungsantrags beendet. (…)
3. Da die Beklagte somit durch die Prozesskostenhilfebewilligung nicht von den Gerichtskosten des selbständigen Beweisverfahrens befreit ist, besteht auch kein sachlicher Grund, die in jenem Verfahren vom Prozessgegner gezahlten Vorschüsse von der Kostenfestsetzung auszunehmen und diesen insoweit auf einen Erstattungsanspruch gegen die Staatskasse zu verweisen. Es verbleibt vielmehr bei dem in § 123 ZPO angeordneten Grundsatz, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Einfluss auf die Verpflichtung bleibt, die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten.
4. Eine unzumutbare Benachteiligung für die Beklagte ergibt sich dadurch angesichts der Möglichkeit, schon im selbständigen Beweisverfahren Prozesskostenhilfe zu beantragen und so auch hinsichtlich der dort angefallenen Kosten eine Kostenbefreiung nach § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ZPO zu erreichen, nicht. (…) Sollte die Beklagte während der Dauer des selbständigen Beweisverfahrens insbesondere wegen fehlender Bedürftigkeit noch keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe gehabt haben, bestünde erst recht kein Anlass, sie von der Pflicht zur Erstattung der Gerichtskosten dieses Verfahrens zu befreien.“