Entscheidung
Offensichtlich hatte der Beklagtenvertreter zunächst geltend gemacht, der Hinweis auf die Vorschrift (mit Absatz und Satz!) sei nicht ausreichend gewesen. Auch ihm als Anwalt gegenüber hätte das Gericht in seinem Hinweis die Norm bzw. ihren Inhalt wiedergegeben werden müssen. Ein erstaunliches Berufsverständnis. Dazu das OLG:
"Nach Auffassung des Senats bedarf es im Anwaltsprozess zur Erfüllung einer gesetzlichen Hinweispflicht nicht der expliziten Wiedergabe des Gesetzestextes bzw. des Norminhaltes, sondern es reicht aus, dass seitens des Gerichts auf die einschlägige Norm konkret unter Angabe des einschlägigen Absatzes und Satzes hingewiesen wird, wie es das Landgericht getan hat. Im Anwaltsprozess kann erwartet werden, dass der Rechtsanwalt, wenn er die (hier auch noch "gängige") Norm nicht kennen sollte, sich jedenfalls den Normgehalt ohne besondere Mühe vergegenwärtigen kann und wird. […]
Dies gilt umso mehr, als nach der Zivilprozessordnung Aufgabe des Rechtsanwalts nicht nur die Beibringung der Tatsachengrundlage für die vom Richter zu treffende Entscheidung ist, sondern nach § 137 Abs. 2, 2. HS 2 ZPO die Vorträge der Parteien das Streitverhältnis auch in rechtlicher Beziehung zu umfassen haben. Der in diesem Zusammenhang oft zitierte Satz „iura novit curia" meint lediglich das Verhältnis der juristisch nicht gebildeten Naturpartei zum Gericht […]. Der Rechtsanwalt hat dagegen - ebenso wie der Richter - die Befähigung zum Richteramt oder eine gleichwertige Qualifikation (§ 4 Abs. 1 BRAO). Der Anwaltszwang (§ 78 ZPO), der die Prozessparteien mit zusätzlichen Kosten belastet und ihren Zugang zu den staatlichen Gerichten einschränkt, wäre nicht zu erklären, wenn Aufgabe des Rechtsanwalts allein die Beibringung des Tatsachenmaterials wäre und nicht auch die rechtliche Durchdringung des Falles (so ausdrücklich BGH, NJW 2009, 987).
Wenn dem aber so ist, so kann und muss nicht nur von Seiten des dem Rechtsanwalt vertraglich verbundenen Mandanten, sondern auch vom Gericht vorausgesetzt und erwartet werden können, dass der Rechtsanwalt mit dem ausdrücklichen Hinweis des Gerichts auf eine bestimmte Verfahrensnorm, insbesondere auf die im Zivilprozess regelmäßig auftauchende Regelung des § 91a ZPO, ausreichend über die verfahrensrechtliche Situation belehrt und gewarnt ist."
Zudem hatte der Beklagtenvertreter wohl auch noch argumentiert, dass eine Erledigung gar nicht eingetreten sei. Dazu das OLG:
"Aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen ist es entgegen der Ansicht der Beklagten ohne rechtliche Relevanz, ob tatsächlich eine Erledigung der Hauptsache im Rechtssinne eingetreten ist […]. Das ist bei Vorliegen übereinstimmender Erledigungserklärungen nicht Prüfungsgegenstand, sondern vielmehr in Wahrung der Dispositionsmaxime der gerichtlichen Entscheidung entzogen."
Anmerkung
M.E. da kann man da (nicht ganz zu Unrecht) einen leicht belehrenden Unterton heraushören. Und ich bezweifle, dass man sich (und damit auch seiner Mandantschaft) als Anwalt mit derart begründeten Rechtsmitteln einen großen Gefallen tut.
Der Beschluss war übrigens auch im beck-blog bereits Thema.
Anmerkung/Besprechung OLG Hamm, Beschluss vom 06.12.2013 – 9 W 60/13
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