Bindungswirkung einer Verweisung bei unzulässigem Rechtsweg
Entscheidung
Der X. Zivilsenat begründet zunächst, dass die Vorlage in entsprechender Anwendung von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zulässig und der Bundesgerichtshof für die Entscheidung zuständig sei.„Zuständiges Gericht ist das Verwaltungsgericht Hamburg.
Seine Zuständigkeit ergibt sich aus der Bindungswirkung des rechtskräftigen Verweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Hamburg nach § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG.
1. Ein nach § 17a GVG ergangener Beschluss, mit dem ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Gericht eines anderen Rechtswegs verwiesen hat, ist einer weiteren Überprüfung entzogen, sobald er unanfechtbar geworden ist.
Ist das zulässige Rechtsmittel nicht eingelegt worden oder ist es erfolglos geblieben oder zurückgenommen worden, ist die Verweisung für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtswegs gemäß § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG bindend (…).
So verhält es sich hier. Eine sofortige Beschwerde nach § 567 ZPO an das Landgericht (vgl. § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG) ist innerhalb der Rechtsmittelfrist nicht eingelegt worden.
2. Die Korrektur einer bindenden Entscheidung kommt im Verfahren entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO allenfalls in extremen Ausnahmefällen in Betracht.
a) Das Gesetz misst zwar der Entscheidung des Rechtsstreits durch ein Gericht des zulässigen Rechtswegs größere Bedeutung zu als der Entscheidung durch das örtlich oder sachlich zuständige Gericht. Das gesetzliche Mittel zur Sicherung einer Entscheidung durch das Gericht des zulässigen Rechtswegs ist aber allein die Eröffnung des Rechtsmittels gegen den Verweisungsbeschluss.
Ist die örtliche oder sachliche Zuständigkeit zweifelhaft, ist die Verweisung nicht nur bindend (§ 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO), sondern auch der Überprüfung im Rechtsmittelzug entzogen (§ 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Demgegenüber kann die Frage des Rechtswegs im Rechtsmittelzug – uneingeschränkt – überprüft werden; insoweit muss gegebenenfalls das Interesse der nicht rechtsmittelführenden Partei an einer zügigen Sachprüfung des Klagebegehrens zurücktreten. Damit hat es jedoch auch sein Bewenden: Nicht das Gericht des von dem verweisenden Gericht für zulässig erachteten Rechtswegs, sondern allein das Rechtsmittelgericht ist zu einer Überprüfung berufen.
b) Für eine Durchbrechung der Bindungswirkung, wie sie im Anwendungsbereich des § 281 Abs. 1 ZPO insbesondere für objektiv willkürliche Entscheidungen anerkannt ist, ist deshalb grundsätzlich kein Raum.
Nicht das Gericht, an das verwiesen wird, sondern die Parteien sollen vor willkürlichen oder sonst jeder gesetzlichen Grundlage entbehrenden Entscheidung geschützt werden, mit der ihr Streitfall dem zuständigen Gericht und damit dem gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) entzogen wird. Steht den Parteien aber ein Rechtsmittel zu Gebote und wird dieses nicht genutzt, besteht grundsätzlich kein Anlass, dem Gericht des für zulässig erklärten Rechtswegs die Befugnis zuzubilligen, sich an die Stelle des Rechtsmittelgerichts zu setzen (…).
c) Der Bundesgerichtshof hat bislang offenlassen können, ob Ausnahmefälle denkbar sind, in denen die bindende Wirkung einer rechtskräftigen Verweisung zu verneinen ist und diese Frage kann auch im Streitfall offenbleiben.
Eine Durchbrechung der Bindungswirkung kommt allenfalls bei, wie es das Bundesverwaltungsgericht formuliert hat (…), „extremen Verstößen“ gegen die den Rechtsweg und seine Bestimmung regelnden materiell- und verfahrensrechtlichen Vorschriften in Betracht (…).
Ein solcher Rechtsverstoß liegt im Streitfall nicht vor.“