Wiederbelebung der Zustellung von Anwalt zu Anwalt?

BMJV Beek100 wikimedia.org CC BY-SA 3.0Die Zustellung von Anwalt zu Anwalt gem. § 195 ZPO hat durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem letzten Herbst (Urteil vom 26.10.2015 – AnwSt (R) 4/15, s. dazu die Besprechung hier) einen empfindlichen Schlag erlitten. Denn der Bundesgerichtshof hat in der (erstaunlich schwach begründeten) Entscheidung eine Mitwirkungspflicht gem. § 14 BORA verneint, weil die Zustellung von Anwalt zu Anwalt vom Wortlaut der Satzungsermächtigung in § 59b Abs. 2 Ziff. 6 BRAO nicht erfasst sei.

Die sich daraus ergebenden praktischen Unsicherheiten und Haftungsrisiken (s. nur Löffel, GRUR-Prax 2015, 542; Möller, NJW 2015, 3673; Lauda NJW 2015, 890, zu den Vorinstanzen auch schon Römermann auf lto.de) hat das BMJV offensichtlich schnell erkannt. Mit dem Referentenentwurf des „Gesetzes zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe“ soll deshalb § 59b Abs. 2 Ziff. 8 BORA um die Worte „die Pflichten bei der Zustellung von Anwalt zu Anwalt“ ergänzt werden. Damit würde der Satzungsregelung in § 14 BORA gleichsam nachträglich eine Satzungsermächtigung „untergeschoben“.

In der Begründung des Entwurfs (S. 127) heißt es, mit der Neuregelung des § 59b BRAO werde das „lange Zeit verbreitete Verständnis des § 14 BORA“ wieder hergestellt. Ohne ein Neuregelung stehe zu befürchten, dass Zustellungen von Anwalt zu Anwalt „in Anbetracht der Entscheidung“ erheblich erschwert würden; für die Beteiligten Anwältinnen und Anwälte ergäben sich neue Haftungsfragen, da sich sogar die Frage stelle, ob Anwälte in Einzelfällen sogar verpflichtet seien, die Mitwirkung an einer Zustellung von Anwalt zu Anwalt zu verweigern (immerhin hatte eine der Vorinstanzen ernsthaft eine Strafbarkeit gem. § 356 StGB erwogen).

Vielen Dank an RA Martin Schafhausen, der mich auf den Gesetzentwurf aufmerksam gemacht hat.

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